Aufgrund von Engpässen in der Patientenversorgung sollen in den Wiener Spitälern aktuell nur mehr Wiener behandelt werden. Diese Maßnahme traf der Wiener Gesundheitsverband kürzlich. Nach diesem Beschluss findet die Behandlung von Gastpatienten/-innen im Notfall – etwa einem Herzinfarkt – weiterhin statt. Das betonte auch Michael Binder, medizinischer Direktor des Wiener Gesundheitsverbundes. Wer jedoch keinen Hauptwohnsitz in Wien und Notfall hat, soll zur Behandlung von Erkrankungen in sein/ihr Heimatbundesland verwiesen werden. Jede/r Fünfte sei Gastpatient/in, was circa 700 Personen pro Tag entspricht. Bezogen auf die 20 Prozent Gastpatient/innen in Wiener Spitälern lautete die Aussage von Mag.a Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, Generaldirektorin des Wiener Gesundheitsverbundes: “Angesichts dieser Zahlen entfernen wir uns immer mehr von unserem Auftrag”. Im Gegensatz dazu appelliert Gesundheitsstadtrat Peter Hacker in der Sache: “Da bitte ich schon um Verständnis, dass es auch außerhalb von Wien fantastische Spitäler gibt”. Es gehe vor allem um planbare Eingriffe, die abgewiesen würden.
Wie ist es zu den Engpässen in den Wiener Spitälern gekommen?
Einerseits sind es die momentanen Personalausfälle und akute Personalbelastung, bedingt durch grippale Infekte: In der Woche von 1. bis 7. Dezember gab es laut dem Grippemeldedienst in Wien 23.150 neue Fälle. Diese Zahl steigt in letzter Zeit ungewöhnlich stark an. Die Grippewelle, heuer macht bestehende Probleme in der Gesundheitsversorgung sichtbarer, insbesondere den bereits länger bestehenden Pflegenotstand.
Der Personalmangel in der Pflege hat bereits in den 1990er-Jahren begonnen. Grund dafür war der demografische Wandel. Durch die sich stetig verbessernde medizinische Versorgung stieg die Lebenserwartung bis etwa 2006 kontinuierlich an, während die Geburtenrate nach und nach zurückgegangen ist. Die COVID-19-Pandemie verschärft schließlich die Lage und brachte das Problem wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit.
Weiters empfindet das Pflegepersonal empfindet die Arbeitsbedingungen teilweise als sehr belastend. Die emotionale und physische Belastung bedingt, dass einige Pflegekräfte den Beruf in Teilzeit ausüben und aus der Pflege noch vor der Rente aussteigen. Der Personalmangel führt zu einer Mehrarbeit, die Menschen in Gesundheitsjobs leisten, was mehr Stress im Arbeitsalltag bedeuten kann. Ein weiteres Argument für manche sind die Entlohnung sowie der Wunsch nach mehr gesellschaftlicher Anerkennung und Wertschätzung der täglichen Leistungen.
Eine weitere Ursache ist die vermehrte Ökonomisierung der Medizin. “Das hat dazu geführt, dass die Krankenhäuser für jeden Fall, den sie behandeln, eine Pauschale bekommen. Das bedeutete, dass wenn ein Krankenhaus das Geld ausgab für mehr Ärzte oder für mehr Geräte, dann bedeutete das mehr Umsatz. Gab ein Krankenhaus das Geld für mehr Pflege aus, bedeutete das mehr Kosten, aber keinen zusätzlichen Umsatz”, so der deutsche Bundesminister für Gesundheit Karl Lauterbach am Deutschen Bundestag 2018. Diese Aussage lässt sich auch auf das österreichische Gesundheitssystem ummünzen, da sich auch hierzulande Spitäler seit mehreren Jahren über Fallpauschalen finanzieren.
In der mobilen und stationären Pflege werden bis 2030 24.000 und bis 2050 79.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt. Was den oben genannten demografischen Wandel betrifft, so haben sich die über 85-Jährigen 1990 bis heute verfünffacht. Die durchschnittliche Verweildauer einer ausgebildeten Pflegekraft liegt bei etwa dreizehn Jahren.
Mögliche Lösungsansätze
Die derzeitigen hohen Grippeinfektionszahlen sind ungewöhnlich. Um das Gesundheitssystem zu entlasten, empfiehlt es sich, noch mehr als sonst auf Hygiene (z.B. häufigeres Händewaschen) zu achten. Wer krank ist, sollte Kontakte zu anderen meiden, d.h. sich etwa zuhause auskurieren, statt zur Arbeit zu erscheinen. Dies könnte das Risiko einer Weiterverbreitung grippaler Infekte dezimieren.
Jedoch gibt es auch nach der Grippesaison weiterhin Problemlagen im Gesundheitssystem, wofür hier stichpunktartig einige Lösungsansätze aufgeführt sind:
- angemessene, höhere Bezahlung für medizinisches Pflegepersonal
- attraktiveres Ausbildungsprogramm
- veränderte Arbeitsbedingungen
- vielfache Formen der Wertschätzung
- psychologische und physische Betreuung des Pflegepersonals
- Förderung von Weiterbildungsmöglichkeiten und dadurch höhere Vergütung
Anzumerken ist, dass diese Möglichkeiten für Lösungsansätze alleine nicht der Komplexität des Gesamtproblems gerecht werden können.
Prävention zuhause
Eine zusätzliche Maßnahme wäre, noch mehr auf Prävention zu setzen. Viele Erkrankungen, die lange Behandlungen im Krankenhaus bedürfen, sind direkte Folgen vom sogenannten “Metabolischen Syndrom”. Dieses setzt sich aus Bluthochdruck, Diabetes oder einer Diabetesvorstufe, Fettleibigkeit und erhöhten Cholesterinwerten zusammen. Mit mehr Bewegung und eine gesunde, ausgewogene Ernährung könnte man diesen zahlreichen Folgeerkrankungen effektiv vorbeugen. Das könnte die Belastung der Krankenhäuser deutlich reduzieren und somit für eine Entlastung im Personalbedarf sorgen.
Es werden durch regelmäßige Bewegung im Alltag zusätzlich Knochen, Muskulatur und die Koordination gestärkt, was wiederum der Immobilität, Stürzen und Knochenbrüche im Alter vorbeugen könnte. Mit weniger, aber regelmäßiger Bewegung kann viel erreicht werden.
Konkret könnte das zum Beispiel bedeuten, dass mehr Sport- und Bewegungsangebote in Firmen oder durch den Arbeitgeber angeboten und an ein bis zwei Tagen in der Woche in den Arbeitsalltag integriert werden, für alle Arbeitnehmer/innen, die Interesse daran hätten. Diese Vorschläge sind jedoch keine Garantie dafür, stets gesund zu bleiben.
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