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Mit dem Begriff Substitutionstherapie verbinden die meisten Menschen die Therapie opioidabhängiger Personen. Das ist tatsächlich ein großer Einsatzbereich, allerdings ist die Opioid-Substitutionstherapie nicht der einzige.
Denn ganz grundsätzlich wird durch eine Substitutionstherapie eine Substanz ersetzt, welche dem Körper üblicherweise durch eigene Produktion zur Verfügung steht. Aufgrund von Organversagen beziehungsweise Funktionsschwäche des Organs kann die zu ersetzende Substanz gar nicht oder nicht ausreichend für den Körper bereitgestellt werden und muss von außen zugeführt werden. Versteht man Substitutionstherapie auf diese Art, wird deutlich, dass sie auch in vielen weiteren Bereichen der Medizin Anwendung findet. So beispielsweise auch bei der Behandlung von Diabetes oder einem Mangel an Testosteron.
Unabhängig davon, ob mit der Substitution eine Suchterkrankung oder eine starke Mangelerscheinung behandelt wird, muss diese streng überwacht werden und unterliegt festgelegten Standards.
Wie sehen diese Leitlinien und Regelungen aus? Für wen ist eine solche Therapie überhaupt sinnvoll und wer ist dazu berechtigt, diese durchzuführen? Wie läuft eine Substitutionstherapie konkret ab und was passiert dabei mit dem Körper? Antworten auf diese und weitere Fragen – hier.
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Substitutionstherapie – warum und wofür?
Die Substitutionstherapie kommt dann ins Spiel, wenn dem Körper wichtige Stoffe fehlen, die er nicht selbst produzieren kann. Doch warum ist diese Form der Behandlung so relevant und wie viele Menschen nehmen sie in Anspruch?
Im Jahr 2020 befanden sich in Österreich insgesamt 19.214 Betroffene in Substitutionsbehandlung. Ohne die Möglichkeit einer solchen Therapie würden viele dieser Menschen stark unter den Symptomen ihrer jeweiligen Erkrankung leiden und wären zum Teil nicht lebensfähig. Vor allem bei Personen mittleren Alters wird eine Behandlung mithilfe von Substitution angewendet.
In der folgenden Tabelle ist die Anzahl an Personen in Substitutionstherapie in den Jahren 2019 und 2020 in Österreich dargestellt:
bis 19 J. | 20 – 24 J. | 25 – 29 J. | 30 – 34 J. | 35 – 39 J. | 40 – 44 J. | 45 – 49 J. | > 49 J. | |
2019 | 132 | 859 | 2.461 | 4.271 | 4.137 | 2.875 | 1.872 | 2.980 |
2020 | 101 | 834 | 2.084 | 3.912 | 4.205 | 2.953 | 1.982 | 3.162 |
Sowohl im Jahr 2019 als auch im Jahr 2020 haben insbesondere Leute der Alterskategorie zwischen 35 und 39 Jahren von Substitutionstherapien profitiert. Am wenigsten mussten Menschen bis neunzehn Jahren Stoffe substituieren und nahmen therapeutische Maßnahmen hierfür in Anspruch.
Was ist mit Substitution gemeint?
Das Wort Substitution stammt von dem lateinischen Wort „substituere“ ab und bedeutet „ersetzen“. Und genau dies ist das Ziel einer Substitutionstherapie. Denn wie bereits erläutert, ersetzt eine Substitutionstherapie eine Substanz, die der Körper natürlich benötigt, jedoch nicht mehr selbst herstellen kann. Hierfür kann es verschiedene Ursachen, wie Organschwächen beziehungsweise -versagen oder genetische Erkrankungen geben.
Es kann allerdings auch passieren, dass der Körper durch jahrelangen Konsum einer Droge eine Opiatabhängigkeit entstanden ist. Dann verlangt der Körper des/-r Suchtkranken nach dieser Droge. Die Substitutionstherapie kann demnach bei körperlichen Mangelerscheinungen sowohl durch Sucht als auch anderen Erkrankungen zum Einsatz kommen.
Substitutionstherapie – Methoden, Beratung und Ansprechpartner/innen
Doch welche Behandlungsmethoden existieren für Suchterkrankte aktuell und wo kann man sich über die bestehenden Möglichkeiten informieren? Wo können Beratungsstellen gefunden werden und wer sind die richtigen Ansprechpartner/innen?
Methoden
Bei der Behandlung opioidabhängiger Patienten/-innen wird zwischen drei Formen der Substitutionstherapie unterschieden. Was genau definiert sie?
- 1. Die kurzfristige Substitutionstherapie
Diese Form der Therapie wird während des Entzugs eingesetzt. Hierdurch sollen die Entzugserscheinungen reduziert und der Weg zur Abstinenz erleichtert werden.
- 2. Die mittelfristige Substitutionstherapie
Drogenabhängige Patienten/-innen durchlaufen für eine bestimmte Zeit die Substitutionstherapie. Unter Betreuung bekommen sie außerdem Wege aus der Drogenszene aufgezeigt und sollen neue Sozialkontakte aufbauen. Entscheidend ist während dieser Zeit der Drogenersatztherapie meist auch eine psychosoziale Unterstützung, um eine anhaltende Abstinenz gewährleisten zu können.
- 3. Die langfristige Substitutionstherapie
Doch nicht für alle Betroffenen ist eine Abstinenz der beste Weg. Denn insbesondere langjährige Opioidabhängige sind stark gefährdet. Hier hat eine dauerhafte, betreute Substitutionstherapie in erster Linie eine schützende Funktion.
Im Idealfall stellt die Substitutionstherapie nur eine Übergangslösung dar und die behandelten Personen können im Anschluss eigenständig in Abstinenz leben. Sollte dies allerdings nicht der Fall sein, bietet eine langfristige Behandlung häufig trotz allem eine bessere und sichere Lebensqualität für die Patienten/-innen.
Informationen und Beratung erhalten
Eine Möglichkeit, um an erste Informationen zur Substitutionstherapie zu gelangen, sind Beratungsstellen. Hier informieren die Mitarbeiter/innen über den genauen Ablauf und die Nebenwirkungen und Risiken.
Des Weiteren können die Betroffen klären, ob eine solche Behandlung die richtige Wahl ist und welche Ärzte/-innen dafür infrage kommen. Die Mitarbeitenden der Beratungsstelle können Empfehlungen weiterleiten oder ganz allgemein über die Liste der zur Substitutionsbehandlung qualifizierten Ärzte/-innen informieren. Viele Beratungsstellen unterstützen zudem bei der Kontaktaufnahme mit einem/-r Arzt/Ärztin. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass etwa der/die Suchterkrankte eine Krankenversicherung vorweisen kann.
Der/die Arzt/Ärztin muss sich zunächst davon überzeugen, dass der/die Patient/in tatsächlich opioidabhängig und eine Substitutionsbehandlung angemessen ist. Außerdem müssen die Behandelnden die Betroffenen über ihre Rechte und Pflichten informieren. Erst dann entscheidet der/die Arzt/Ärztin welches Substitutionsmittel das Richtige ist. Aktuell sind in Österreich 649 Ärzte/-innen aufgeführt, die zu einer Substitutionstherapie berechtigt sind.
Weiters gibt es die Möglichkeit, eine Substitutionstherapie im Ausland zu machen, beispielsweise in Deutschland oder der Schweiz. Es kann zu den rehabilitierenden Maßnahmen im Rahmen der Therapie gehören, Betroffene von ihrem alten sozialen Umfeld geografisch zu trennen. Sinn und Zweck dahinter: Rückfälligkeit durch Gruppenzwang und Gewohnheit minimieren.
Substitutionstherapie – Sucht bekämpfen
Wie läuft eine Substitutionstherapie genau ab und welche Vorgänge im Körper passieren dabei? Welches medizinische Fachpersonal den Prozess begleitet und welche Substitutionsmittel dabei zum Einsatz kommen, wird nun beantwortet.
Substitutionsprogramm – Ablauf
Die ersten Schritte einer Substitutionstherapie – der Besuch einer Beratungsstelle und das Finden eines/-r Arztes/Ärztin – wurden bereits erläutert. Hat die betroffene Person eine/n passende/n Arzt/Ärztin gefunden, besprechen diese den individuellen Ablauf der Behandlung. Dazu zählt, welches Substitutionsmittel gewählt, in welcher Dosierung diese eingenommen und wie die tägliche Einnahme gestaltet wird.
Sind diese Faktoren geklärt, unterzeichnen beide Parteien einen Vertrag, eine sogenannte Behandlungsvereinbarung. Diese definiert sowohl die Dosis als auch die Art des Substitutionsmittels. Weiters wird hier erläutert, dass der/die Patient/in sich verpflichtet, das Suchtmittel an keine dritte Person weiterzugeben. Der/ die zu Therapierende erklärt sich darüber hinaus damit einverstanden, in ein Substitutionsregister eingetragen zu werden.
Nach den Anweisungen von Ärztinnen und Ärzten holt dann der/die Patient/in das Substitutionsmittel in der richtigen Menge ab. Die Dosis muss man dann täglich in Anwesenheit von Apothekerinnen oder Apothekern in einer Apotheke besorgen.
Während der laufenden Therapie müssen die Betroffenen dann regelmäßig unter Aufsicht Urinproben für Laboruntersuchungen abgeben. So kann man die Einnahme kontrollieren und einen möglichen Beikonsum feststellen.
Beikonsum – Was ist das?
"Beikonsum" meint die zusätzliche Einnahme weiterer Drogen, wie beispielsweise Alkohol oder Kokain. Das sollte während der Therapie nicht vorkommen. Die substituierten Stoffe selbst sind hier schon als eine Droge kategorisiert. Nimmt jemand, der/die eine Substitutionstherapie macht, weitere Drogen, erhöht das das Risiko einer Atemlähmung. Die Kontrolle von Beikonsum kann dementsprechend unter Umständen Leben retten.
Vorgänge im Körper
Die Einnahme bei der Substitutionstherapie erfolgt bei jedem Substitutionsmittel oral, also über den Mund. Die tägliche Dosis nimmt man auf einmal ein. Das wohl bekannteste Mittel zur Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen ist Methadon.
Methadon erklärt
Methadon ist ein künstlich hergestelltes Opioid, welches die Patienten/-innen in Form einer Trinklösung, gemischt mit Sirup, täglich in einer Apotheke verabreicht bekommen. Bei der oralen Einnahme des Wirkstoffes kommt es zum gleichen euphorischen „Kick“ wie bei Heroin. Die Wirkung setzt allerdings deutlich langsamer ein und hält länger an. Das birgt allerdings auch das Risiko einer Überdosis, wenn es gleichzeitig zu einem Beikonsum kommt. Die Aufnahme von Methadon erfolgt im Magen, der Abbau in der Leber.
Weitere Substitutionsmittel, die Methadon in ihrer Wirkung ähneln:
- Levomethadon
- Buprenorphin
- retardiertes Morphin
Beispiele für Suchterkrankungen
Eine Sucht beschreibt eine unkontrolliertes, krankhaftes Verlangen nach einem bestimmten Mittel. Meistens können Erkrankte nicht mehr ohne das Suchtmittel leben und benötigen es manchmal sogar zur Stabilisierung ihres Wachzustands. Das ist dann der Fall, wenn die Sucht so stark ausgeprägt ist, dass der Körper denkt, nicht mehr ohne den Stoff funktionieren zu können. Spätestens dann ist ein Entzug notwendig.
Alkohol
Alkohol gehört zwar zu den legalen psychoaktiven Substanzen, kann jedoch, wie alle illegalen Drogen, zu einer starken Abhängigkeit führen. Aufgrund der gesellschaftlichen Akzeptanz, wird das Suchtpotential des Alkoholkonsums häufig unterschätzt. Rund 15 Prozent aller Österreicher/innen trinken in einem gesundheitsgefährdenden Maß.
Laut Statista trinkt jede/-r Österreicherin jährlich zwölf Liter reinen Alkohol. Über fünf Prozent der Landesbevölkerung, also etwa 503.000 Menschen, greifen täglich dazu.
Besonders als Beikonsum zu einer Substitutionstherapie kann die übermäßige Einnahme von Alkohol lebensbedrohliche Konsequenzen haben.
Ab wann hat man eine Alkoholsucht?
Die Abhängigkeit nach Alkohol ist gegeben, wenn eines oder mehrere dieser Kriterien erfüllt sind:
- starkes Verlangen/ Zwang nach Alkohol
- keine Kontrolle über die Menge
- körperliche Reaktionen, wenn man Konsum beendet/reduziert (Schwitzen, Zittern etc.)
- Toleranzentwicklung: für gleichen Effekt braucht es immer mehr
- Priorität von Konsum und Organisation des Suchtmittels höher als alles/vieles andere
- Konsum, obwohl man weiß, dass es schlecht ist/ schadet
Hilfe gibt es beispielsweise bei der Suchhilfe oder dem Blauen Kreuz.
Heroin
Grundsätzlich sind Opioide alle Substanzen, die aus der Opiumpflanze, dem Schlafmohn, gewonnen werden. Heroin gehört zu den halbsynthetischen Opioiden, da es im Chemielabor auf Basis von Rohopium hergestellt wird. Es wirkt einerseits reduzierend auf Ängste, Schmerzen, Depressionen, Hustenreiz und Durchfall. Andererseits besitzt es eine euphorische Wirkung und steigert das Wohlbefinden. Das größte Risiko des Konsums von Heroin, welches dem Körper über Spritzen zugeführt wird, liegt, neben der hohen Suchtgefahr, in der Infektionsgefahr. Denn sowohl die Nadeln, als auch das Heroin selbst können verunreinigt sein.
2020 wurden in Österreich knapp 3.400 Straftaten unter Einfluss von Heroin und/oder Opiaten verübt. 0,8 Prozent der Leute, die nach Heroin süchtig sind, kommen ihr Leben lang nicht davon weg.
Hilfe finden Betroffene etwa bei der Sucht- und Drogenberatung, die auch Angehörige beim Thema unterstützt.
Substitutionstherapie bei Mangelerscheinungen
Neben den bereits beschriebenen Anwendungsmöglichkeiten in der Behandlung opioidabhängiger Personen, spielt die Substitutionstherapie eine wichtige Rolle bei Erkrankungen mit Mangelerscheinungen. Im Folgenden sollen ein paar dieser Einsatzgebiete vorgestellt werden.
Diabetes – Ursachen, Behandlung, Symptome
Bei der Erkrankung Diabetes mellitus leiden die Betroffenen an einem deutlich erhöhten Blutzuckerspiegel. Dieser wird normaler durch das körpereigene Stoffwechselhormon Insulin ausgeglichen. An Diabetes erkrankten Personen fehlt dieses jedoch und sie müssen es dem Körper zuführen.
Genau das geschieht mithilfe der Insulintherapie, einer Form der Substitutionstherapie. Die Patienten/-innen müssen sich das Insulin hierbei eigenständig spritzen oder besitzen eine in den Körper eingebaute „Insulin-Pumpe“. Wichtig ist bei der Behandlung mit Insulin, dass der Blutzuckerspiegel stets kontrolliert wird, um schnell auf Veränderungen zu reagieren.
Weiters müssen die Betroffenen die Art ihrer Ernährung bedenken, da eine kohlenhydratreiche Nahrung beispielsweise einen hohen Anteil an Glucose, also Zucker, aufweist. Er hat dementsprechend einen direkten Einfluss auf die Blutzuckerwerte.
Bleibt ein Diabetes unbehandelt, kann es zu Bluthochdruck, Nervenschädigungen, Herzschwäche und einigen weiteren Folgeerkrankungen kommen.
Testosteronmangel – Ursachen, Behandlung, Symptome
Testosteron ist ein, insbesondere für Männer, wichtiges Sexualhormon. Es unterstützt die Knochendichte, die Blutbildung, die Muskelmasse, den Fettstoffwechsel, den Sexualtrieb und die Spermienproduktion des Körpers. Ein Mangel an Testosteron kann demnach beispielsweise zu Blutarmut, einer reduzierten Knochendichte und Erektionsproblemen führen. Dies bringt häufig nicht nur körperliche Probleme, sondern starke psychische Unsicherheiten mit sich.
Eine Testosteronsubstitution erfolgt in der Regel mit speziellen testosteronhaltigen Gelen, welche auf die Haut aufgetragen werden. Auch mit Spritzen, Tabletten oder Pflastern, kann dem Körper das fehlende Testosteron zugeführt werden.
Mittlerweile sind einige Risiken dieser Therapie bekannt. Ein erhöhtes Risiko für Prostatakrebs, Leberschäden oder Hautveränderung sind hier Beispiele. Das Wissen über Langzeitrisiken ist allerdings noch gering.
In der Urologie wird der Testosteronmangel festgestellt und eine passende Behandlungsmethode gefunden. Unterstützung durch ein/e Psychotherapeut/in, während der Therapie, kann in manchen Fällen zusätzliche Hilfestellung sein.
Stellenangebote finden
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- Pro mente, Ablauf der Behandlung, https://www.sucht-promenteooe.at/... (Abrufdatum: 05.10.2022).
- Statista, https://de.statista.com/... (Abrufdatum: 05.10.2022).
- Österreich GV, Untergliederung der Drogen, https://www.oesterreich.gv.at/... (Abrufdatum: 05.10.2022).
- Gesundheit GV, Diabetes, https://www.gesundheit.gv.at/... (Abrufdatum: 05.10.2022).