Das große Paradoxon am Pflegeberuf ist, dass beim Umsorgen von Pflegebedürftigen häufig die eigenen Bedürfnisse und Selfcare auf der Strecke bleiben. Dabei gilt: Wer gesund bleiben möchte, sollte auch entspannen können. Besonders in der Pflege kommen Mitarbeiter/innen während der Dienste häufig an körperliche und psychische Grenzen. Umso wichtiger ist, zu wissen, wie man nach einem anstrengenden Dienst richtig abschaltet. Der folgende Artikel handelt rund um das Thema Selfcare und Tipps zur Entspannung.
Selfcare: Was bedeutet das?
Selfcare hat keineswegs mit Egoismus zu tun. Vielmehr geht es darum, die eigene physische und psychische Gesundheit zu stärken und mit alltäglichen Stressoren umzugehen. Das ist nicht nur wichtig, weil es die eigene Leistung und Produktivität steigern kann, sondern auch, weil Stress ernsthafte gesundheitliche Folgen mit sich zieht. So kann dauerhafte psychische Belastung Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Haut- und Magen-Darm-Erkrankungen oder eine Fettleber bewirken. Zudem kann sie zu Burnout oder Depression führen.
Stressoren, also Stressfaktoren, sind für jede/n verschieden: Konflikte zwischen Beruf und Privatleben, Krankheit, Finanzen und Termindruck können auf die Psyche schlagen. Im Beruf als Pflegefachkraft kommen zumeist noch der Schichtdienst, Unterbesetzung, hohe Verantwortung und wenig Zeit für Patienten/-innen dazu. Dennoch nehmen sich viele Altenpfleger/innen und Gesundheits- und Krankenpfleger/innen kaum Zeit für die „Selbstpflege“.
Wie schafft man eine Selfcare-Routine zu entwickeln?
Klassische Maßnahmen zur Förderung der eigenen körperlichen und seelischen Gesundheit sind beispielsweise regelmäßiger, langer Schlaf, eine gesunde Ernährung, sportliche Aktivitäten wie Yoga oder Joggen, Dankbarkeits-Journaling, Zeit in der Natur oder Meditation. Da all diese Dinge im Stress gerne untergehen, ist es sinnvoll, eine feste Routine in den Alltag zu integrieren. Wer Probleme hat, neue Aktivitäten in den eigenen Tagesablauf einzubauen und durchzuführen, kann von den folgenden Tipps für eine regelmäßige Selfcare-Routine profitieren:
1. Keine Routine verfolgen, die man selbst verabscheut
Wer unter seiner Selfcare-Routine leidet, wird sie nicht dauerhaft verfolgen. Vielmehr sollte die Pflege des eigenen Wohlbefindens etwas sein, auf das man sich nach einem harten Schichtdienst freuen kann. Nur weil ein Ratgeberbuch Yoga als gute Maßnahme empfiehlt, heißt das nicht, dass man persönlich nicht vielleicht mit einem Tanzkurs besser abschalten kann. Hier lohnt es sich, verschiedenes auszuprobieren und im eigenen Alltag zu testen.
2. Die Routine im Alltag einplanen
Genau wie andere wichtige Termine, sollten auch Aktivitäten, die der eigenen Gesundheit dienen, im Voraus geplant werden. Damit setzt man Prioritäten auf sich selbst und verhindert, dass man die Selfcare-Routine verplant oder vergisst. Deshalb empfiehlt es sich, einen festen Zeitslot für das eigene Wohlbefinden zu blockieren, etwa die erste Stunde am Tag. Ein Beispiel, wie sich Selfcare in den Tagesplan einbauen lässt, veranschaulicht diese Tabelle:
Termine | Uhrzeit |
Frühstück und Yoga | 08:00-08:30 |
Mitteldienst | 10:00-17:30 |
Wäsche, Küche putzen, Kochen | 18:30-20:00 |
Abendessen mit Familie | 20:00-20:30 |
Filmabend mit Familie | 20:30-22:00 |
Abendroutine | 22:00-22:15 |
Lesen | 22:20-23:00 |
3. Klein anfangen
Tatsächlich ist es kaum möglich, von null auf hundert mit Entspannungsmaßnahmen zu starten. Wer sich vornimmt, ab jetzt jeden Tag ins Fitnessstudio zu gehen, gesund zu kochen, eine Stunde zu meditieren und ein Buch in der Woche zu lesen, wird kaum lange durchhalten. Am besten man startet mit einer kleinen Veränderung und baut nach und nach die neue Routine aus. Ein Anfang könnte beispielsweise sein, sich das Essen für den Schichtdienst zu kochen, anstatt in die Kantine zu gehen.
Selfcare – Beispiele für emotionale Selbstfürsorge
Maßnahmen der emotionalen Fürsorge helfen nicht nur beim Umgang mit einem Wechselbad der Gefühle, sondern auch bei der Akzeptanz schwieriger Situationen. Bei der Schichtarbeit stößt man häufig auf emotionale Stressoren: Der/die Patient/in, dem/-r man nicht nach den eigenen Ansprüchen helfen kann, der/die Vorgesetzte, bei dem/-r man unbeliebt ist… Zur Selfcare auf emotionaler Ebene gehört die Reflektion und Akzeptanz von schlecht kontrollierbaren Zuständen.
Konkret bedeutet das keineswegs die aufkommenden Emotionen zu unterdrücken, sondern vielmehr sie zu kanalisieren und auszudrücken. Manchen hilft es, die Gefühle zu kommunizieren, während andere bei der Pflege sozialer Kontakte emotionale Stärke finden. Es kann schon reichen, einmal die Woche mit einem/-r guten Freund/in einen Kaffee zu trinken; vielleicht braucht man auch einen Urlaub nur für sich selbst.
Schlechte Gewohnheiten ablegen
Es kann im ersten Moment erleichternd sein, sich nach einem anstrengenden Spätdienst am Wochenende mit Rauchen abzuregen oder den Stress mit Alkohol zu betäuben. Auf lange Sicht gesehen verursachen solche negativen Angewohnheiten jedoch weiteren Stress oder verhindern die physiologische Stress-Abbaureaktion des Körpers. Teil von Selfcare ist es, zu überlegen: Was brauche ich jetzt? Und in einem nächsten Schritt direkt zu überlegen: Tut mir dieser Schritt (langfristig) gut? Ist die Antwort auf die letzte Frage “nein”, lohnt es sich über die bisherige Gewohnheit zum Stressabbau zu reflektieren und sie zu modifizieren.
Selfcare – Beispiele für körperliche Selbstfürsorge
Physische Anzeichen auf Stress können sich als Muskelverspannungen, Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden äußern. Bei solchen Symptomen lohnt es sich häufig, auf den eigenen Körper zu hören. Zur körperlichen Selbstfürsorge zählen allerdings genauso körperliche Maßnahmen zur Stressreduzierung. Dazu können etwa mehr Bewegung oder eine bessere Ernährungsweise gehören.
Gesunde Ernährung trotz Schichtarbeit
Um eine gesunde Ernährung im Schichtdienst zu ermöglichen ist es wichtig, vorbereitet zu sein. Wer Meal Prepping betreibt und sich sein/ihr Essen dann vorbereitet, wenn er/sie die Zeit hat, kann in den Schichten auf gesundes und leckeres Essen zurückgreifen. Zur gesunden Ernährung gehört aber auch, sich Zeit und Ruhe beim Essen zu nehmen. In Gemeinschaft zu essen ist gesünder, als alleine zu sitzen.
Körperliche Aktivität und Yoga
Bewegung reduziert Stress und fördert zudem die Konzentration und den Lernfortschritt. Sich jedoch zu einem Sport zu zwingen, den man ungern ausführt, hilft nicht beim Abbau von Stress. Lieber sollte man mit verschiedenen Sportarten experimentieren, um seinen geeigneten körperlichen Ausgleich zu finden.
Yoga – als Kombination aus Meditation, Dehnung und körperlicher Anstrengung – ist für viele die geeignete Stress-Abbaumethode. In einer ruhigen Umgebung mit geeignetem Licht und passender Stimmung lässt sich am besten abschalten. Yoga-Selfcare ist weit verbreitet und kann mithilfe von Büchern, Blogs und Videos gut erlernt werden. In Kursen kann man zusätzlich andere Interessierte kennen lernen und von erfahrenen Trainern/-innen profitieren.
Ausreichend Schlaf
Viele unterschätzen, wie wichtig Schlaf für ein ausgewogenes Leben und für die psychische und physische Gesundheit ist. Im Schichtdienst ist es nicht immer leicht, zur Ruhe zu kommen. Für einen gesunden und erholsamen Schlaf kann es aber helfen, eine kleine Routine vor dem Schlafengehen einzuführen und auf Bildschirmzeit zu verzichten.
Selfcare – Beispiele für spirituelle Selbstfürsorge
Selfcare auf spiritueller Ebene muss sich nicht (kann sich aber) in religiöser Aktivität äußern. Viel mehr geht es darum, in sich selbst zu horchen und auf die eigenen Werte zu achten. Journaling, also Tagebuch-Führung, kann dabei helfen, die eigenen Gedanken zu sortieren. Beim Dankbarkeits-Journaling geht es beispielweise um das Konzentrieren auf die guten Dinge, die am Tag passiert sind.
Meditation als Energiequelle
Auch Meditation ist eine beliebte Maßnahme, um seine eigenen Gedanken zu verfolgen oder in sich zu hören. Die Art der Meditation kann dabei verschieden sein. Atemübungen und Gedankenreisen sind mögliche Varianten, die sich auch für Einsteiger/innen eignen. Wer will kann die Meditation mit Stimulation der anderen Sinne verknüpfen, beispielsweise durch beruhigende Klänge, Gerüche oder Berührungen.
Passende Stellenangebote für Pflegekräfte
Wer auf der Suche nach Jobangeboten ist, findet bei Medi-Karriere passende Stellenangebote für Altenpfleger/innen, Berufe als Hebamme und Stellen in der Krankenpflege.
1. “Krankheit durch Stress: So sehr kann die Belastung dem Körper schaden”, www.aok.de (Abrufdatum 22.06.2022)
2. https://www.everydayhealth.com/self-care/ (Abrufdatum 23.06.2022)
3. https://lifegoalsmag.com/how-to-create-a-daily-self-care-routine-that-youll-actually-stick-to/ (Abrufdatum 23.06.2022)
4. “Burnout und Alkohol”, www.kenn-dein-limit.de (Abrufdatum 23.06.2022)
5. https://www.einfachganzleben.de/leben-balance/gefuehle-wieder-wahrnehmen-und-akzeptieren (Abrufdatum 23.06.2022)
6. “Stress”, www.internisten-im-netz.de (Abrufdatum 24.06.2022)
7. https://www.yogaeasy.de/artikel/anti-stress-yoga-10-uebungen-mit-sofort-effekt (Abrufdatum 24.06.2022)
8. https://www.trigema.de/magazin/physische-selbstpflege/ (Abrufdatum 24.06.2022)
9. https://www.littleyears.de/blog/13-wege-zu-mehr-self-care-im-alltag-oder-wie-wir-es-schaffen-in-diesen-zeiten-nicht-verrueckt-zu-werden/ (Abrufdatum 24.06.2022)
10. https://noramedbox.de/pflegeratgeber/self-care-als-pflegende/ (Abrufdatum 24.06.2022)