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Die Virensaison hat begonnen und Österreichs Spitäler rüsten sich für einen weiteren Winter mit Atemwegserkrankungen. Bei den Kinderspitälern liegt der Fokus insbesondere auf Ansteckungen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus, kurz RS-Virus.
Schätzungen zufolge infizieren sich in Österreich etwa 54.600 Kinder im ersten Lebensjahr mit dem RS-Virus; davon müssen ungefähr 1.100 Kinder stationär behandelt werden. Bis zum zweiten Lebensjahr haben praktisch alle Kinder einmal eine RS-Virus-Infektion durchgemacht.
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Definition
Das Respiratorische Synzytial-Virus (RS-Virus) aus der Familie der Pneumoviridae (Genus Orthopneumovirus) ist ein weltweit verbreiteter Erreger von akuten Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege in jedem Lebensalter. Bei Erkrankung besteht keine Meldepflicht.
Symptome
Eine Infektion mit dem RS-Virus (auch RSV-Infektion) kann das Symptomspektrum von einer einfachen Atemwegsinfektion bis zu einer schweren beatmungspflichtigen Erkrankung der unteren Atemwege zeigen.
Symptome bei Babys und Kleinkindern
Bei Babys und Kleinkindern beginnen die Symptome einer RS-Virus-Infektion meist mit starkem Schnupfen mit glasig-durchsichtigem Nasensekret und Appetitverlust. Auch der Rachen kann entzündet sein und Halsschmerzen verursachen. Häufig tritt auch Fieber auf.
Bei Beteiligung der unteren Atemwege (Bronchiolitis, Bronchitis, Lungenentzündung) folgt anschließend schleimhaltiger Husten. Beim Abhorchen der Lunge sind sowohl knisternde als auch giemende Geräusche feststellbar. Im Verlauf der Entzündungsreaktion kommt es zu Atemnot; bei Frühgeborenen können auch Atemaussetzer auftreten. Eine Blaufärbung der Haut deutet auf einen verminderten Sauerstoffgehalt im Blut hin und ist ein deutliches Alarmzeichen.
Symptome bei älteren Kindern und Erwachsenen
Bei älteren Kindern und Erwachsenen kommt es auch vor, dass eine RSV-Infektion entweder völlig ohne Krankheitszeichen abläuft, oder nur Symptome einer unkomplizierten Infektion der oberen Atemwege, wie Husten oder Schnupfen, mit sich bringt. Insbesondere bei Älteren und Erwachsenen mit chronischen Herz- oder Lungenkrankheiten kann das RS-Virus aber auch an eine Lungenentzündung mit schleimigem Husten und hohem Fieber auslösen.
RS-Virus – Gefahr und Übertragung
Eine RSV-Infektion kann unterschiedlich schwer verlaufen. Selten kommen auch tödliche Verläufe vor. Wie schwerwiegend der Verlauf der Erkrankung ist, hängt vor allem vom Alter und Vorerkrankungen der Patienten ab. Die Übertragung der Viren erfolgt meist über Tröpfchen.
Für wen ist die Krankheit besonders gefährlich?
Für Säuglinge und Kleinkinder unter zwei Jahren, sowie bei Kindern mit Vorerkrankungen ist die Krankheit besonders gefährlich. Studien konnten zeigen, dass im Durchschnitt 0,2 Prozent der Fälle bei Kindern ohne Vorerkrankungen, 1,2 Prozent bei Frühgeborenen, 4,1 Prozent bei Kindern mit bronchopulmonaler Dysplasie (eine chronische Lungenerkrankung von Frühgeborenen) und 5,2 Prozent der Fälle bei Kindern mit angeborenem Herzfehler tödlich verliefen.
Die Hauptursache für die erhöhte Sterblichkeit bei dieser Personengruppe ist die Zellverschmelzung von Atemwegszellen, die bei der Virusreplikation (Vervielfältigung im Körper) stattfindet. Da bei diesem Prozess gesunde Bronchialzellen vom Virus „angesteckt“ werden, kann dies – zusätzlich zu der vorhandenen Entzündungsreaktion – zu einer deutlichen Verengung der Atemwege bis hin zu einem kompletten Verschluss der betroffenen Bronchien führen. Solche Kinder leiden meist unter starker Atemnot und müssen in der Folge oft künstlich beatmet werden.
Wie werden RS-Viren übertragen?
RS-Viren können nur von Mensch zu Mensch übertragen werden. Eine Übertragung von oder auf ein Tier ist nicht möglich. In der Regel erfolgt sie über Tröpfcheninfektion. Es wird aber angenommen, dass die Krankheit auch indirekt über Schmierinfektion von Hand zu Hand oder über kontaminierte Gegenstände übertragen werden kann.
Wann bricht die Krankheit aus?
Infektionen mit dem RS-Virus treten zyklisch auf. In Österreich ist die Inzidenz von November bis April am höchsten, in den übrigen Monaten kommen sporadische Infektionen vor. Der Gipfel der RSV-Saison erstreckt sich über etwa vier bis acht Wochen und liegt meist im Jänner und Februar, seltener auch im November und Dezember. Die letzten zwei Jahre traten sogar schon Infektionswellen im September und Oktober auf.
Wie lange sind Infizierte ansteckend?
Die Inkubationszeit beträgt durchschnittlich fünf Tage, Infizierte können jedoch schon einen Tag nach der Ansteckung und noch vor Symptombeginn infektiös sein. Während die Ansteckungsfähigkeit von Patienten mit intaktem Immunsystem in der Regel innerhalb einer Woche abklingt, können Frühgeborene, Neugeborene und Patienten mit einer Immunschwäche das Virus über mehrere Wochen oder sogar Monate hinweg ausscheiden.
RS-Virus – Krankheitsverlauf
Im Krankheitsverlauf werden in der Regel zunächst Symptome einer oberen Atemwegserkrankung beobachtet, die mit Fieber einhergehen können. Innerhalb von einem bis drei Tagen können sich diese Symptome zu einer Erkrankung der unteren Atemwege weiterentwickeln.
Risikofaktoren für einen schweren Krankheitsverlauf
Manche Personengruppen haben ein erhöhtes Risiko, schwer an einer RSV-Infektion zu erkranken. Zu diesen Personen gehören insbesondere:
- Frühgeborene und Babys mit niedrigem Geburtsgewicht
- Neugeborene und Säuglinge, die jünger als 6 Monate sind
- Jungen und Männer
- Personen mit kardialen und pulmonalen Vorerkrankungen (zum Beispiel bronchopulmonale Dysplasie, zystische Fibrose, neurologische und muskuläre Erkrankungen mit eingeschränkter Ventilation)
- Personen mit Immunschwäche (z.B. Transplantatempfänger, Krebspatienten)
- Erwachsene über 65 Jahre
Eine RSV-Infektion kann auch bereits bestehendes Asthma, bestehende chronische Herz- und Lungenerkrankungen oder schwere neurologische Erkrankungen verschlimmern.
Wann sollte ein Arzt aufgesucht werden?
Insgesamt unterscheidet sich die Symptomatik einer Infektion mit dem RS-Virus von Patient zu Patient. Deswegen sind schnelle Veränderungen des klinischen Zustandes jederzeit möglich. Grundsätzlich gilt jedoch die Prämisse, dass die Höhe des Fiebers nicht ausschlaggebend für die Schwere der Infektion sein muss. Als Warnsignal kann eher gedeutet werden, wenn Erkrankte – insbesondere Babys und Kleinkinder – Schwierigkeiten beim Trinken oder Atmen zeigen. Dann sollte sofort der (Kinder-)Arzt oder direkt die Spitalambulanz aufgesucht werden.
RS-Virus – Behandlung
Um eine Infektion mit dem RS-Virus schnell und effektiv behandeln zu können, muss die Diagnose zunächst mittels direktem Erregernachweis gesichert werden. Am häufigsten erfolgt dieser Nachweis mittels PCR-Verfahren aus Nasenrachenspülwasser oder -abstrichen. Es ist aber auch möglich, das RS-Virus mittels Enzym-Immunoassays (EIA) zu identifizieren. Antikörpernachweise sind beim RS-Virus von eher untergeordneter Bedeutung.
Behandlungsmethoden
Eine Infektion mit dem RS-Virus kann derzeit nur symptomatisch behandelt werden; eine kausale Therapie gibt es nicht. Je nach individuellem Zustand des Patienten kann die Behandlung mit Flüssigkeitszufuhr und Nasentropfen oder -spülungen abgetan sein. Aber auch Sauerstoffgaben, Atemunterstützung mit CPAP-Maske (Atemmasken) oder Intubation und Beatmung können erforderlich werden. Eine inhalative Therapie mit dem Virustatikum Ribarivin wird inzwischen aufgrund der nicht eindeutigen Studienlage nicht mehr empfohlen.
Prognose und Spätfolgen
In der Regel tragen gesunde Personen keine bleibenden Schäden durch eine RSV-Infektion davon. Vor allem Kinder, Ältere und Personen mit Vorerkrankungen sind jedoch durch Langzeitkomplikationen gefährdet. Bei Kindern unter drei Jahren tritt eine Infektion dem RS-Virus häufig zusammen mit einer akuten Mittelohrentzündung auf.
Außerdem kann das RS-Virus bei allen Risikopatienten eine anhaltende Überempfindlichkeit der Bronchien gegenüber Umweltreizen verursachen. Für ältere Personen (über 65 Jahre) mit RSV-Infektion kann sogar noch bis zu einem Jahr nach der Hospitalisierung eine erhöhte Sterblichkeit bestehen.
RS-Virus – Prävention
Bisher ist es nicht möglich, sich gegen das RS-Virus impfen zu lassen. Um das Risiko schwerer Krankheitsverläufe zu minimieren und die Ausbreitung von RSV-Infektionen möglichst gering zu halten, sind Präventionsmaßnahmen von großer Wichtigkeit. Hierzu zählen vor Allem eine möglichst zeitnahe Diagnostik, die passive Immunprophylaxe mit dem monoklonalen Antikörper Palivizumab bei Risikopatienten, sowie angemessene Hygienemaßnahmen sowohl bei Patienten, Kontaktpersonen als auch dem Spitalpersonal.
Hygienemaßnahmen zur Prävention
Das Einhalten von Hygieneregeln im öffentlichen Leben und innerhalb der Familie kann die Ausbreitung von RSV-Infektionen minimieren. Hierzu gehören regelmäßiges Händewaschen, hygienisches Husten und Niesen, sowie die Reinigung eventuell kontaminierter Gegenstände wie Kinderspielzeug.
Auch in Arztpraxen und Spitälern sind Hygiene- und Schutzmaßnahmen wichtig. Erfolgt ein RSV-Nachweis bei einem hospitalisierten Patienten, sollte dieser über die gesamte Dauer der Ansteckungsfähigkeit entweder einzeln oder in Kohorte mit anderen mit dem RS-Virus infizierten Patienten isoliert werden.
RS-Virus – Ausblick
Es ist davon auszugehen, dass die RS-Virus Fallzahlen den kommenden Winter wieder ansteigen werden. Infolgedessen werden österreichische Spitäler wieder mit einer erhöhten Anzahl hospitalisierungsbedürftiger Babys und Kleinkinder, aber auch Älteren und Personen mit Vorerkrankungen konfrontiert sein. Um den Überblick über das Infektionsgeschehen nicht zu verlieren, bietet das Österreichische RSV-Netzwerk die Möglichkeit, sich auf ihrer Webseite über die tägliche RS-Viren-Aktivität in Österreich zu informieren.
Passende Stellen
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- RSV – Das unterschätzte Atemwegsvirus, https://www.ots.at/... (zuletzt aufgerufen am 15.9.2023)
- RS-Virus ist für Kinder besonders gefährlich, https://gesundheitsverbund.at/... (zuletzt aufgerufen am 15.9.2023)
- Atemwegsinfektion RSV-Infektion, https://www.tirol.gv.at/... (zuletzt aufgerufen am 15.9.2023)
- Österreichisches RSV-Netzwerk, https://www.virologie.meduniwien.ac.at/... (zuletzt aufgerufen am 15.9.2023)
- RSV-Ratgeber des Robert Koch-Instituts, https://www.rki.de/... (zuletzt aufgerufen am 15.9.2023)