Am Mittwoch, den 08. November 2023, findet in Österreich die PflegeKompass ...
![Primärversorgung in Österreich – Ausbau durch das Novellierungsgesetz](https://www.medi-karriere.at/wp-content/uploads/2023/10/Primaerversorgung-AT.jpg)
Inhaltsverzeichnis
Die Verbesserung der Gesundheitsversorgung ist ein zentrales politisches Anliegen in Österreich. Hier wurde nach den Neuerungen in der Pflegereform kürzlich ein neues Novellierungsgesetz verabschiedet, das darauf abzielt, die Primärversorgung der Österreicher zu verbessern. Hierfür sollen Primärversorgungseinheiten (PVE) ausgebaut und die Gesundheitsversorgung für alle Bürger optimiert werden. Neben der Errichtung von PVEs, die speziell an Kinder adressiert sind, soll sich bereits bis 2025 die Gesamtzahl von Primärversorgungseinheiten verdreifachen.
Finanzielle Unterstützung aus EU-Mitteln spielt hierbei eine entscheidende Rolle, um die österreichische Gesundheitsversorgung flächendeckend und wohnortnah für die gesamte Bevölkerung sicherzustellen. Dadurch soll sie nachhaltig gestärkt und der Zugang zu medizinischen Angeboten und Leistungen optimiert werden.
Dieser Beitrag thematisiert neben der aktuellen Lage alle wichtigen Änderungen im Zuge des Novellierungsgesetzes und geht zudem auf die Vorteile für Ärzte und die für Patienten ein. Des Weiteren werden Förderungsmöglichkeiten für PVE-Gründer beleuchtet und ein Ausblick zur zukünftigen Entwicklung der Primärversorgung in Österreich gegeben.
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Was ist Primärversorgung?
Die Primärversorgung bildet den ersten Anlaufpunkt für sämtliche gesundheitsbezogene Anliegen innerhalb des öffentlichen Gesundheitssystems. Neben der Behandlung von akuten oder chronischen Erkrankungen spielt sie eine entscheidende Rolle bei der Förderung der Gesundheit und der Prävention von Krankheiten. Ein weiterer zentraler Aspekt ist die Unterstützung der psychosozialen Gesundheit durch gezielte Betreuungsangebote. Dabei ist von hoher Bedeutung, dass sie für die komplette Bevölkerung sichergestellt und einfach zu erreichen sein soll. Kurze Distanzen bei optimaler Versorgung lautet die Divise.
Die medizinische Versorgung gewährleisten dabei sogenannte Primärversorgungseinheiten (PVEs). Das sind multidisziplinäre Teams im Gesundheits- und Sozialwesen, die eine umfassende Grundversorgung für die örtliche Bevölkerung sicherstellen. Jede PVE entwickelt ein maßgeschneidertes Leistungsangebot für ihre Region, welches in einem Versorgungskonzept festgelegt wird. PVEs bieten sowohl der Bevölkerung als auch den Fachkräften im Gesundheits- und Sozialbereich schnellen Zugang, unabhängig des Wohnortes. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht eine ganzheitliche Versorgung und eine kontinuierliche Koordination der angebotenen Leistungen.
Ziel von Primärversorgungen
Das Ziel von Primärversorgungen besteht darin, eine ganzheitliche Gesundheitsversorgung von der Geburt bis ins hohe Alter zu gewährleisten. Primärversorgungsteams, zu denen neben niedergelassenen Allgemeinmediziner oft auch Fachkräfte aus verschiedenen Gesundheits- und Sozialberufen gehören, sind mit den individuellen Vorgeschichten und Lebensumständen ihrer Patienten vertraut. Gemeinsam koordinieren sie den Verlauf der medizinischen Betreuung oftmals besser, als es einzelne Ärzte verschiedener Regionen mit unterschiedlicher Entfernung zum Patienten könnten.
Primärversorgung – Aktuelle Lage
Aktuell existieren in Österreich 39 Primärversorgungszentren, die sich auf sieben verschiedene Bundesländer verteilen. Alleine zehn dieser PVEs befinden sich in Wien. Das verdeutlicht, dass sich viele Einheiten auf städtische Gebiete konzentrieren, während viele ländliche Gegenden ganz ohne eine solche Einheit auskommen müssen.
Die politische Zielsetzung besteht darin, das Angebot an Primärversorgungseinheiten bis zum Jahr 2025 auf insgesamt 121 Zentren zu erweitern, um diese flächendeckende Versorgung in allen Bundesländern sicherzustellen. Das bedeutet, dass sich die Anzahl der Zentren mehr als verdreifachen soll. Dieser Ausbau wird durch finanzielle Unterstützung in Höhe von 100 Millionen Euro ermöglicht, die durch einen Aufbaufonds der Europäischen Union bereitgestellt werden.
Formen von Primärversorgungen
Neben den einzeln praktizierenden Hausärzten gibt es verschiedene Modelle der Zusammenarbeit im Gesundheitswesen. Darunter fallen zum Beispiel Gruppenpraxen und ganze Primärversorgungseinheiten. Unabhängig von der gewählten Organisationsform fungieren sie als erste medizinische Anlaufstelle in der Nähe des Wohnorts und arbeiten nach dem oben beschriebenen Verständnis ihrer Rolle.
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Primärversorgung – Novellierungsgesetz
Am 6. Juli 2023 beschloss der österreichische Nationalrat die Novellierung des Primärversorgungsgesetzes, das zum 1. August 2023 in Kraft trat. Das Ziel dieser Novellierung besteht darin, den Bereich der niedergelassenen Gesundheitsversorgung erheblich auszubauen und eine umfassende, leicht zugängliche Gesundheitsversorgung für alle Bürger zu gewährleisten. Die geplante Verdreifachung der derzeit bestehenden Einheiten bis zum Jahr 2025 ist die wichtigste Maßnahme. Die Gesetzesänderungen zielen darauf ab, die Gründung von PVEs einfacher und schneller zu gestalten und neue Perspektiven für die multiprofessionelle Teamarbeit zu eröffnen.
Dies soll nicht nur zu beschleunigten Gründungsprozessen führen, sondern auch den ambulanten Gesundheitssektor entlasten, indem Fachpersonen verschiedener Spezialisierungen lokal zusammenarbeiten. Die erweiterte Versorgungsoption soll zudem zu einer verbesserten Angebotspalette im Bereich der Kinder- und Jugendheilkunde führen. Gleichzeitig sollen die Arbeitsbedingungen von Ärzten und Angehöriger von Gesundheits- und Sozialberufen nachhaltig verbessert werden.
Zentrale Punkte
Das Novellierungsgesetz lässt sich in drei zentrale Punkte gliedern:
- Es ermöglicht die Gründung von Kinder-Primärversorgungseinheiten (Kinder-PVEs), um speziell die Versorgung im Bereich der Kinder- und Jugendheilkunde zu stärken.
- Die Zusammensetzung des Kernteams einer PVE wird variabler gestaltet. Mindestens zwei Ärzte für Allgemeinmedizin sind pro PVE erforderlich. Zum Kernteam gehören des Weiteren eine oder mehrere Personen des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, sowie mindestens ein Ordinationsassistent. Je nach den lokalen Gegebenheiten und Bedürfnissen können auch weitere Angehörige von Gesundheits- und Sozialberufen integriert werden.
- In Regionen mit speziellen Anforderungen können die ärztlichen Mitglieder des Kernteams in einer Kinder-PVE entweder Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde oder eine Kombination aus Allgemeinmedizinern und Fachärzten für Kinder- und Jugendheilkunde sein. Dies ermöglicht eine gezielte Versorgung von Kindern und Jugendlichen in diesen Einheiten, um ihren besonderen Bedürfnissen gerecht zu werden.
Neuerungen für Gründer
Neu ist für Gründer, dass der Antrag auf Bildung einer PVE in wenigen Schritten per Online-Antrag über den Fördermanager des Austria Wirtschaftsservice (AWS) erledigt werden kann. Folgende Pflichtdokumente müssen hierfür eingereicht werden: Eine Zusage der österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), eine Absichtserklärung oder ein Nachweis über die Bewerbung, sowie ein detailliertes Planungskonzept inklusive eines Kosten- und Finanzierungsplans. Sobald alle Unterlagen eingereicht sind, erfolgt die Antragsprüfung innerhalb von zwei bis drei Wochen. Bei Vorliegen aller Voraussetzungen erhalten die Gründer dann die Förderzusage des AWS.
Primärversorgung – Vorteile für Patienten
Durch die Primärversorgung ergeben sich für Patienten viele Vorteile. Sie profitieren von einer leicht erreichbaren und mit kurzen Wegen verbundenen ersten Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen. Zudem können sie ihren bisherigen Hausarzt behalten und gleichzeitig neue Ansprechpersonen und Fachexperten gewinnen. Patienten dürfen sich zudem über erweiterte Öffnungszeiten, einschließlich zu Randzeiten, freuen und können ein erweitertes Leistungsspektrum mit zusätzlichen Dienstleistungen nutzen. Darüber hinaus können sie auf Angebote zur Gesundheitsförderung und Prävention zurückgreifen und eine auf sie zugeschnittene Versorgung erhalten, um etwaige ernstzunehmende Krankheiten schnell zu erkennen.
Primärversorgung – Vorteile für Ärzte
Neben Patienten bietet die Primärversorgung auch etliche Vorteile für Ärzte. Sie ermöglicht Allgemeinmedizinern eine intensivere Vernetzung mit Fachpersonen aus anderen Gesundheitsberufen und steigert die Zusammenarbeit in einem interdisziplinären Team. Dies ermöglicht ein gezielteres Einsetzen der eigenen Stärke und Expertise im Kernteam. Auch regelmäßige fachliche Interaktion, kooperative Teamarbeit und eine flexiblere Arbeitszeitengestaltung sind Chancen, die sich im Zuge von der Bildung einer Primärversorgungseinheit ergeben. Zudem werden die Teammitglieder von bürokratischen Aufgaben entlastet, was ihnen eine stärkere Fokussierung auf die medizinische, therapeutische und pflegerische Tätigkeit ermöglicht. Auch die Work-Life-Balance für alle Angehörigen der PVE steigt.
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Primärversorgung – Förderungen
Künftige Betreiber von Primärversorgungseinheiten haben die Möglichkeit, Förderanträge während der Gründungsphase bei der AWS zu stellen. Das bedeutet, dass jeder Arzt bzw. jedes Ärzteteam einen Förderantrag einreichen kann. Eine Bestätigung seitens der ÖGK bezüglich der Erstreihung muss spätestens sechs Monate nach Antragstellung bei der Abwicklungsstelle vorgelegt werden. Förderfähig sind Neuinvestitionen in das Anlagevermögen, die im Rahmen der Gründung einer Primärversorgungseinheit getätigt werden. Dazu gehören beispielsweise Kosten für:
- den Neubau einer Primärversorgungseinheit
- Instandsetzungsmaßnahmen und bauliche Anpassungen
- den Erwerb bestehender Räumlichkeiten
- die Gestaltung von Außenanlagen (zum Beispiel Parkplätze)
- medizinische Ausstattung
- nicht-medizinische Ausstattung (zum Beispiel Laptops, Möbel, Lampen)
- Rechts- und Steuerberatungen
- externe Beratungsleistungen im Gründungsprozess
- externe Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen
Die Förderquote beträgt 50 Prozent der eingereichten und genehmigten förderfähigen Kosten. Die maximal förderfähigen Gesamtkosten belaufen sich auf 3,2 Millionen Euro brutto. Folglich beträgt der maximale Zuschuss, der im Rahmen der Förderung gewährt werden kann, 1,6 Millionen Euro. Wie weiter oben bereits genannt, soll die Zusage für oder gegen eine Förderung zeitnah nach der Einreichung der Unterlagen erfolgen.
Primärversorgung – Ausblick
Vor allem in ländlichen Gebieten haben viele Menschen keinen schnellen und leicht erreichbaren Zugang zur Primärversorgung. Doch das soll sich mit dem neuen Novellierungsgesetz ändern. Mit der Zielsetzung, die Anzahl der Primärversorgungseinheiten bis 2023 zu verdreifachen, wird ein wichtiger Schritt hin zu einer breiten und leicht zugänglichen medizinischen Versorgung in allen Bundesländern, unabhängig des Wohnortes, unternommen. Ob diese Aufstockung auch künftig reicht, bleibt abzuwarten. Denn durch die immer älter werdende Gesellschaft in Österreich wird auch der Bedarf an medizinischen Einrichtungen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten immer weiter steigen. Mit dem Novellierungsgesetz wurde nun ein erster wichtiger Schritt zu einer besseren Versorgungslage angestoßen.
Passende Jobs
Passende Jobs im Gesundheitswesen findet man bei Medi-Karriere. Hier gibt es Stellen als Medizinische Fachassistenz, Jobs als Ordinationsassistent und Ärzte-Jobs.
- Parlament Österreich: Primärversorgungsgesetz, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, Änderung, https://www.parlament.gv.at/... (Abrufdatum: 16.10.2023)
- Das neue Primärversorgungsgesetz tritt in Kraft, https://primaerversorgung.gv.at/... (Abrufdatum: 16.10.2023)
- Antragsstellung Gründungsförderung PVE, https://primaerversorgung.gv.at/... (Abrufdatum: 16.10.2023)
- 10 Schritte zur Gründung einer PVE, https://primaerversorgung.gv.at/... (Abrufdatum: 16.10.2023)
- Primärversorgungsgesetz – PrimVG, https://www.ris.bka.gv.at/... (Abrufdatum: 16.10.2023)
- Primärversorgung in Österreich soll bis 2025 stark ausgebaut werden, https://www.vienna.at/... (Abrufdatum: 16.10.2023)