Inhaltsverzeichnis
Seit 2024 ist die Pflegefachkraft-Ausbildung in Österreich nur noch an Hochschulen möglich. Somit löst der Bachelor of Science in Health Studies den bisherigen Diplom-Ausbildungsweg endgültig ab. Während die bereits 2016 mit der Pflegereform eingeleitete Umstellung des Ausbildungssystems im Pflegeberuf von vielen Seiten als durchweg positiv gewertet wird, mahnen kritische Stimmen nach wie vor das Risiko einer Verschärfung des Pflegenotstandes an. Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe und Ziele der reformierten Pflegefachkraft-Ausbildung und setzt sich mit den Risiken und Chancen der Akademisierung des Pflegeberufs auseinander.
Inhaltsverzeichnis
Pflegefachkraft-Ausbildung vor und nach der Reform
Die Pflegefachkraft-Ausbildung in Österreich untergliederte sich bis 2023 in eine reine Berufsausbildung mit Diplom in allgemeiner Gesundheits- und Krankenpflege, die über einen Zeitraum von drei Jahren absolviert werden konnte, und ein Hochschulstudium mit Bachelor- und aufbauendem Masterabschluss. Die Diplom-Ausbildung wurde im Herbst 2023 letztmals angeboten. Seither bieten Gesundheits- und Krankenpflegeschulen nur noch die einjährige Ausbildung im Bereich Pflegeassistenz und die darauf aufbauende Pflegefachassistenzausbildung an, die sich über zwei Ausbildungsjahre erstreckt.
Durch die Akademisierung des Pflegeberufs wird der Zugang zum Beruf nur teilweise eingeschränkt. Denn neben der Matura, die eine direkte Studienzulassung gewährleistet, bietet für Pflegeassistenten eine Studienberechtigungsprüfung die Möglichkeit, das Studium im Nachgang zu absolvieren. Nach altem Standard ausgebildete Diplom-Pflegefachkräfte können bei entsprechender Qualifikation ebenfalls zum Studium zugelassen werden und zudem ihre Ausbildung anteilig anrechnen lassen, wodurch sich die Studiendauer verkürzt. Derzeit erwarten die Hochschulen eine jährliche Teilnehmerzahl von etwa 2.500 Studierenden.
Hintergrund
Hintergrund für diese Entwicklung ist die im Herbst 2023 abgeschlossene Evaluierung der GuKG-Novelle 2016, die von der Gesundheit Österreich GmbH im Auftrag des Gesundheitsministeriums durchgeführt worden ist. Diese hat eine klare Entscheidungsgrundlage zugunsten des Auslaufens der Sekundarausbildung für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege und für die vollständige Überführung der Ausbildung in den Fachhochschulbereich gebracht.
Als Gründe werden hierbei die Anpassung an internationale Entwicklungen und die gestiegenen Anforderungen an diesen zentralen Beruf im Gesundheitswesen genannt, weshalb die Ausbildung ausschließlich dem tertiären Bildungssektor zuzuordnen ist.
Stellenangebote
Risiken und Chancen einer Akademisierung der Pflegefachkraft-Ausbildung
Während Befürworter vor allem die Angleichung der Pflegefachkraft-Ausbildung an längst etablierte internationale Standards hervorheben, gibt es einige weitere Aspekte, die eine detaillierte Betrachtung erfordern.
Risiko Pflegenotstand
Kritiker aus den Reihen der Ärztekammer und der Arbeiterkammer sehen in der Beschränkung der Pflegefachkraft-Ausbildung auf das Hochschulstudium ein großes Risiko einer Verschärfung der Personalknappheit im Pflegesektor, da der Zugang zu Hochschulen bildungsschwächere Schichten ausschließt. Der International Council of Nurses als globaler Fachverband der Pflegenden warnte bereits im Jahr 2020 ausdrücklich vor einem weltweiten Mangel an Pflegenden mit hochqualifizierter Berufsausbildung und schlug verschiedene Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufs vor allem für ältere Pflegende vor.
Die Gründe dafür seien jedoch ausdrücklich nicht in der Reform der Pflegeberufs-Ausbildung zu suchen, entgegnete Manela Glarcher, Assistenzprofessorin für Pflegewissenschaft an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg. In den USA, in Großbritannien, Skandinavien und Australien, wo der Pflegeberuf bereits seit mehreren Jahrzehnten akademisiert ist, sei zu beobachten, dass es hierdurch keineswegs zu einer Verminderung, sondern sogar zu einer Zunahme der Ausbildungszahlen gekommen sei, so die Professorin.
Zunahme an Studieninteressierten
2021 habe eine Bedarfserhebung in der Steiermark zudem ergeben, dass den etwa 400 Studieninteressenten nur 144 Studienplätze in Aussicht gestellt werden konnten. Somit sei die Nachfrage auch in Österreich klar gegeben, zumal auch ein Studienbeginn ohne Matura unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist und niemandem das Studium von vornherein verwehrt wird.
Wissenschaftliche Karriere statt praktischer Tätigkeit
Auch die Sorge, dass viele Absolventen eine wissenschaftlichen Karriere statt der praktischen Ausübung in der Patientenversorgung anstreben, wurde vom Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverband als unbegründet abgewiesen. Aus Studienabgangsbefragungen wisse man, dass weit mehr als 90 Prozent der Absolventen nach dem Studium in die Patientenversorgung einsteigen und somit als Pflegekräfte „am Bett“ zur Verfügung stehen.
Stellenangebote
Auswirkung der Pflegeausbildungs-Reform auf sozialer Ebene
Die berufliche Qualifikation durch ein abgeschlossenes Bachelor-Studium geht, neben der qualitativ besseren Versorgung der Pflegebedürftigen mit ihren teils hochkomplexen Erkrankungen, auch mit einer sozialen Aufwertung und gesteigerten Anerkennung der beruflichen Leistung von Pflegenden einher. Dies ist ein großer Motivationsfaktor für den Verbleib im Beruf und daher vor dem Hintergrund des demographischen Wandels unabdingbar.
Pflegefachkraft-Ausbildung: Fazit und Aussicht
Eine Erweiterung der Kompetenzen von Pflegenden durch eine Akademisierung der Ausbildung kann dazu beitragen, die Qualität der Pflege in Österreich zu erhöhen, Pflegepersonal langfristig im Beruf zu halten und durch eine bessere Verzahnung der Berufsgruppen in der Pflege und Medizin ein Netz zu schaffen, das Versorgungslücken schließen kann. Dies sichert die bedarfsgerechte Pflege einer alternden Bevölkerung und stellt die Weichen für künftige Anpassungen des Pflegeberufs an technische Innovationen und neue Konzepte.
Passende Jobs
Passende Jobs für Pflegende aller Qualifikationen bietet Medi-Karriere. Hier gibt es Jobs als Pflegefachkraft, Jobs als Pflegeassistenz und Stellen für DGKP.
- Ausbildung in der Pflege, https://www.sozialministerium.at/... (Abrufdatum: 18.09.2024)
- Mythos Pflegeausbildung, https://www.ots.at/... (Abrufdatum: 18.09.2024)
- Österreich – So geht hochschulische Pflegeausbildung, https://www.bibliomed-pflege.de/... (Abrufdatum: 18.09.2024)
- Verband warnt vor weltweitem Pflegenotstand, https://www.aerzteblatt.de/... (Abrufdatum: 18.09.2024)
- Warum es ein Zuviel an Bildung nicht geben kann, https://www.gesundheitswirtschaft.at/... (Abrufdatum: 18.09.2024)