Inhaltsverzeichnis
Wer waren die österreichischen Pioniere, die unsere Medizin in der Vergangenheit und bis heute geprägt haben? Was waren ihre Errungenschaften und welche Bedeutung haben diese Erkenntnisse für heutige Generationen? Der folgende Artikel stellt beispielhaft kluge Köpfe in diesem Bereich vor sowie deren Meilensteine für die Medizin und Gesundheit.
Inhaltsverzeichnis
- Georg Joseph Beer – Augenheilkunde (1763 bis 1821)
- Theodor Billroth – Chirurgie (1829 bis 1894)
- Gabriele Possanner von Ehrenthal – Promotion (1860 bis 1940)
- Karl Landsteiner – Blutgruppen, Polio (1868 bis 1943)
- Bianca Bienenfeld – Gynäkologie (1879 bis 1929)
- Margarete Hilferding – Individualpsychologie (1871 bis 1942)
- Robert Bárány – Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (1876 bis 1936)
- Anna Freud – Kinderanalyse (1895 bis 1982)
- Klara Weingarten – Neurologie (1909 bis 1973)
- Carl Djerassi – Antibabypille (1923 bis 2015)
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Georg Joseph Beer – Augenheilkunde (1763 bis 1821)
Der aus einer christlichen Familie stammende Georg Joseph Beer, sollte zunächst auch beruflich den kirchlichen Weg einschlagen. Letztlich setzte sich jedoch sein Interesse an den Naturwissenschaften und der Kunst durch und er begann anatomische Zeichnungen für den Augenarzt und Anatomen Joseph Barth anzufertigen. Nach ein paar Jahren bei Barth, der als erster Professor der Augenkunde gilt, begann Beer sein Medizinstudium in Wien und schloss dieses nach drei Jahren erfolgreich ab.
1786 promovierte Georg Joseph Beer, der von 1763 bis 1821 gelebt hatte, und eröffnete eine augenärztliche Praxis in seiner Wohnung. In dieser behandelte Beer nicht nur Privatpatienten/-innen, sondern versorgte auch Kranke mit wenigen bis gar keinen finanziellen Mitteln. Teilweise übernahm er deren Verpflegung sogar aus eigener Tasche.
Mit den meisten seiner Kollegen/- innen konnte Beer allerdings nicht warm werden. So widerfuhren ihm regelmäßig Anfeindungen, die er meist nicht unerwidert lies. Nichtsdestotrotz gewann Beer, insbesondere durch seine operativen Fertigkeiten, zunehmend an Ruhm und erhielt 1802 eine Habilitation als Privatdozent.
Lange Zeit bemühte sich Beer vergebens um eine Abspaltung der Augenheilkunde von der Chirurgie. Erst im Jahr 1813 war er in der Lage eine spezialisierte Augenklinik zu eröffnen, welche auch später als erste Universitäts-Augenklinik angesehen werden kann und das Fachgebiet stark prägte.
Neben der weltweiten Anerkennung seiner operativen Fertigkeiten im Bereich der Augenheilkunde, erlangte Georg Joseph Beer vor allem für seinen karitativen Einsatz Ansehen. Seine augenärztliche Praxis wurde, nachdem er diese 20 Jahre lang aus eigener Tasche finanziert hatte, von der Landesregierung schließlich in eine augenärztliche Ambulanz umgewandelt. Das sicherte Beer dann ein festes Einkommen und ermöglichte ihm auch weiterhin die Arbeit als „Augenarzt der Armen“.
Theodor Billroth – Chirurgie (1829 bis 1894)
Der deutsch-österreichische Mediziner Theodor Billroth war einer der bedeutendsten Chirurgen der Vergangenheit. Die meiste Zeit seines Lebens galt Theodor Billroth jedoch als Anhänger des Antisemitismus. Kurz vor seinem Ableben trat er dem „Verein zur Abwehr des Antisemitismus“ bei. Inwiefern der Vereinseintritt mit einem Gesinnungswandel einherging, ist kritisch zu betrachten und bis heute umstritten. Er lebte von 1828 bis 1894.
Einige Meilensteine der Chirurgie gehen auf Theodor Billroth zurück. Als Pionier der modernen Bauchchirurgie, Kehlkopfchirurgie, pathologischen Anatomie und Bakteriologie, spielt sein Wirken auch in der Gegenwart noch eine große Rolle.
Billroth habilitierte in den Bereichen Chirurgie und pathologische Anatomie und brachte durch seine Lehren einige der bedeutendsten Wiener Forscher und Mediziner hervor. Er widmete sich in seinen wissenschaftlichen Arbeiten meist der Verbindung klinischer und pathologischer Befunde und erreichte wichtige Entdeckungen und Fortschritte in der Bakteriologie.
Einige operative Vorgänge, wie beispielsweise die Entfernung eines bösartigen Tumors im Magenausgangsgebiet, einer sogenannten Pylorusresektion, wurden erstmals erfolgreich von Theodor Billroth durchgeführt. Bis heute werden diese Verfahren nach ihrem „Erfinder“ benannt.
Weiters setzte sich Billroth für eine bessere Ausbildung der Krankenpflegerinnen ein, entwickelte effizientere Wege des Krankentransports und sorgte sich um die Krankenhaushygiene.
Gabriele Possanner von Ehrenthal – Promotion (1860 bis 1940)
Auch Gabriele Possanner von Ehrenthal besuchte als eine der ersten Frauen Österreichs ein Gymnasium und beendete dieses mit der Matura. Da zu diesem Zeitpunkt für Frauen noch kein Studium an einer Universität in Österreich möglich war, studierte sie Medizin an der „Züricherischen Hochschule“. Dort promovierte von Ehrenthal außerdem im Bereich der Augenheilkunde. Im Anschluss versuchte sie auch in Österreich eine Anerkennung für ihren Doktortitel zu erhalten. Nach langen Diskussionen, wurde ihre zugestanden die Promotion anzuerkennen, wenn sie alle Prüfungen auch an der Universität Wien besteht. Ende des 19. Jahrhunderts absolvierte Gabriele Possanner von Ehrenthal alle Prüfungen erfolgreich und promovierte somit als erste Frau an der Universität Wien.
Sie eröffnete eine Privatpraxis und arbeitete während des ersten Weltkrieges als Ärztin in Spitälern und Lazaretten. Ebenso, wie die Lebensgeschichte von Bianca Bienefeld, dient auch von Ehrenthals Leben wegbereitend für alle zukünftigen Frauen in der Medizin. Sie verstarb 1940 mit 80 Jahren.
Karl Landsteiner – Blutgruppen, Polio (1868 bis 1943)
Ein Mann, der die Medizin bis heute maßgebend geprägt hat, war der österreichisch-amerikanische Pathologe, Hämatologe und Serologe Karl Landsteiner. Er widmete einen Großteil seiner beruflichen Arbeit der Erforschung der Beschaffenheit des Blutes. Seine größten Erkenntnisse erlangte er in diesem Gebiet. So ist Karl Landstein der Entdecker des AB0-Systems, also der Blutgruppen A, B, 0 und AB. Diese Einteilung gilt auch heute noch als zutreffend und findet zu jeder Zeit Anwendung in der Medizin. Das Wissen über die unterschiedlichen Blutgruppen und deren Auswirkung war ein großer Fortschritt in der Medizin. Für diese Leistung erhielt Landsteiner im Jahr 1930 einen Nobelpreis für Physiologie und Medizin.
Was ist Serologie?
Die Serologie bezeichnet die Wissenschaft, die sich mit den Wechselwirkungen zwischen Antikörpern und Antigenen beschäftigt. Der menschliche Körper bildet mit dem Immunsystem Antikörper. Diese bestehen aus Eiweißen. Antikörper bzw. Abwehrstoffe entstehen nach ihrem Kontakt mit Antigenen.
Zudem entdeckte Landsteiner 1940 den Rhesusfaktor (Rh+/Rh-), welcher eine entscheidende Rolle für das Thema Schwangerschaft spielt. Denn Mütter mit einem negativen Rhesusfaktor bilden bei der Geburt eines Kindes mit einem positiven Rhesusfaktor Antikörper aus. Bei einer weiteren Schwangerschaft könnte ein Kind mit positivem Rhesusfaktor, aufgrund dieser Antikörper, nicht überleben. Auch diese Entdeckung rettete Leben und veränderte die Medizin immens.
Des Weiteren legte Karl Landsteiner mit seinen Forschungen die Grundsteine für die später entwickelte Impfung gegen die Kinderlähmung. Denn ihm gelang der Nachweis, dass die Kinderlähmung, die sogenannte Poliomyelitis, eine Infektionskrankheit ist.
Bianca Bienenfeld – Gynäkologie (1879 bis 1929)
Die aus Wien stammende Bianca Bienenfeld, absolvierte als eine der ersten Frauen Österreichs die Matura in Wien und schloss erfolgreich das Medizinstudium an der Universität Wien ab. 1904 promovierte Bianca Bienenfeld als zweite Frau in Österreich in Medizin und spezialisierte sich später auf das Fachgebiet der Gynäkologie. Sie betrieb ab 1912 zudem als erste Frauenärztin eine Privatpraxis, leitete große gynäkologische Stationen und hielt Vorträge an der Universität Wien.
Bianca Bienenfeld selbst war kein aktives Mitglied der Frauenbewegung, sympathisierte allerdings stark mit dieser. Durch ihre eigene Lebensgeschichte setzte sie ein beispielhaftes Vorbild für Frauen in der Medizin und eröffnete neue Möglichkeiten für Frauen in Österreich.
Margarete Hilferding – Individualpsychologie (1871 bis 1942)
Margarete Hilferding war nicht nur eine der ersten Medizinstudentinnen Österreichs, sondern engagierte sich zudem politisch und war stark an der Psyche der Menschen und den Theorien Freuds interessiert. Bereits während ihrem Medizinstudium an der Universität Wien besuchte Hilferding die Vorlesungen von Freud. Im Jahr 1910 wurde sie dann als erste Frau in die von Sigmund Freud gegründete „Mittwochs-Gesellschaft“ aufgenommen, welche sich mit der Psychoanalytik beschäftigte.
Margarete Hilferding arbeitete sowohl als praktische Ärztin, Frauenärztin und Schulärztin, sowie als Leiterin der individualpsychologischen Erziehungsberatungsstelle in Wien. Ihre Herkunft, ihre berufliche Tätigkeit und ihre Mitgliedschaft in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei wurden Hilferding zur Zeit des Nationalsozialismus zum Verhängnis. So wurde 1942 deportiert und von den Nationalsozialisten ermordet.
Robert Bárány – Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (1876 bis 1936)
Durch seine medizinische Ausbildung, erlernte Robert Bárány sein Wissen und seine Fertigkeiten von mehreren wichtigen Medizinern Österreichs und Deutschlands. Báránys Lehre bestand dabei aus neurologischen Aspekten sowie der Hals-Nasen-Ohren-Medizin. Er forschte, experimentierte und publizierte später in erster Linie im Bereich der Ohrenheilkunde. In diesem Bereich der Medizin erlangter Robert Bárány 1909 seine Habilitation im Bereich der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und lehrte diese als Privatdozent.
Seine bekanntesten Forschungen widmeten sich dem Gleichgewichtsorgan des Körpers, dem sogenannten Vestibularapparates. In diesem Feld untersuchte er unter anderem Ursachen und Auswirkungen eines kalorischen Nystagmus, unwillkürlichen Bewegungen des Auges. Denn diese werden mitunter durch die Erregung und Hemmung der Vestibularorgane ausgelöst. Für seine Erkenntnisse in diesem Gebiet erhielt Robert Bárány 1914 als erster Österreicher einen Nobelpreis für Physiologie und Medizin.
Anna Freud – Kinderanalyse (1895 bis 1982)
Anna Freud, das jüngste der sechs Kinder von Sigmund und Martha Freud, war eine österreichisch-britische Psychoanalytikerin. Bevor sie sich voll und ganz den Wissenschaften der menschlichen Psyche widmete, unterrichtete Anna Freud bis 1920 als Lehrerin am „Cottage Lyzeum“. Ihr Hauptwerk „Das Ich und die Abwehrmechanismen“, welches 1936 erschien, hatte einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklungspsychologie und die neu entstehende analytische Ich-Psychologie.
Bereits während ihrer Lehramtstätigkeit interessierte sich Freud für die psychoanalytischen Studien ihres Vaters, Sigmund Freud. Von 1914 bis 1918 besuchte Anna Freud seine Vorlesungen und Seminare an der Universität Wien. Sie nahm zudem an Stationsvisiten der psychiatrischen Klinik im Allgemeinen Krankenhaus (AKH) teil und absolvierte eine dreijährige Lehranalyse bei ihrem Vater.
In den darauf folgenden Jahren hielt Anna Freud ihre ersten öffentlichen Vorträge und eröffnete 1923 ihre eigene Ordination, in welcher sie vor allem mit Kindern arbeitete. Später hielt sie sowohl am Lehrinstitut der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, als auch in der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung, leitende Positionen inne.
Gemeinsam mit Dorothy Burlingham und Edith Jackson eröffnete sie in Wien im Jahr 1937 eine Kindertageskrippe. Diese wurde ein Jahr später allerdings bereits aufgelöst und Freud wurde die Leitung der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung entzogen. Nach einem eintägigen Verhör der Gestapo, gelang Anna Freud samt Familie 1938 die Ausreise nach England. Dort widmete sie sich wieder der Psychoanalytik und der Arbeit mit Kindern.
1947 eröffnete Freud eine Ausbildungseinrichtung für Kinderpsychoanalytiker/innen. Dieser wurde fünf Jahre später eine psychosomatische Kinderklinik angeschlossen, welche Freud bis zu ihrem Tod leitete.
Klara Weingarten – Neurologie (1909 bis 1973)
Die aus Budapest stammende Klara Weingarten begann ihr Medizinstudium 1927 ebenfalls an der Universität Wien, wo sie später auch promovierte. Sie hospitierte zunächst am Wiener Allgemeinen Krankenhaus und arbeitete daraufhin an der Wiener städtischen Nervenheilanstalt.
Aufgrund ihrer Herkunft wurde Weingarten 1938 von den Nationalsozialisten entlassen und floh nach Uruguay. Dort war es ihr erlaubt als Assistenzärztin an einer psychiatrischen Klinik zu arbeiten.
Nach ihrer Rückkehr 1947 nach Österreich, erhielt sie den Facharzttitel als Neurologin und arbeitete sowohl bei der Wiener Gebietskrankenkasse, als auch am Hanusch-Krankenhaus. Außerdem war Weingarten ehrenamtlich an der psychiatrisch-neurologischen Universitätsklinik Otto Kauders tätig. Im Jahr 1956 erlangte sie mit mehreren Arbeiten die Habilitation.
Carl Djerassi – Antibabypille (1923 bis 2015)
„Mutter der Pille” – diesen Beinamen gab sich der bulgarisch-amerikanisch-österreichische Chemiker und Schriftsteller Carl Djerassi. Denn im Jahr 1951 gelangt es ihm, die erste Antibabypille zu entwickeln. Er selbst lehnte diese Bezeichnung allerdings immer ab, da es ein Mittel für die Unabhängigkeit und Selbstbestimmung der Frau, nicht aber ein Mittel gegen Babys sei.
Im Jahr 1939 wanderte Djerassi, der jüdischer Herkunft war, gemeinsam mit seiner Mutter, in die USA aus und studierte dort Chemie. Sechs Jahre später, 1945, promovierte er zudem und erhielt seine amerikanische Staatsbürgerschaft. Im Laufe der darauf folgenden Jahre forschte Djerassi, zusammen mit Luis E. Miramontes, am Sexualhormon Norethisteron. Es gelang ihnen das Hormon künstlich herzustellen. In Zusammenarbeit mit Gregory Pincus und John Rock entwickelten sie schlussendlich 1951 die erste Antibabypille.
Doch die wissenschaftlichen Erkenntnisse Djerassis umfassten weit mehr als die Herstellung der Antibabypille, weshalb es ihn später selbst störte, auf diese Errungenschaft beschränkt zu werden. Insgesamt veröffentlichte er als Wissenschaftler etwa 1200 Arbeiten und lehrte ab 1959 an der Stanford University.
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- Wien Geschichte Wiki, Medizinerinnen, https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/... (Abrufdatum: 21.09.22).
- Thieme via medici, Gleichgewichtsorgan, https://viamedici.thieme.de/... (Abrufdatum: 21.09.22).
- DocCheck Flexikon, Kalorischer Nystagmus, https://flexikon.doccheck.com/... (Abrufdatum: 21.09.22).
- Evangelisches Museum Österreich, Christian Albert Theodor Billroth, https://museum.evang.at/... (Abrufdatum: 21.09.22).