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Margarete Hilferding gilt als eine der bedeutsamsten Wiener Individualpsychologinnen während der Kriegszeit. Ihr Wille, als erste Doktorin der Medizin in Wien positive Veränderungen insbesondere für Frauen zu erreichen, machte sie zu einer unvergessenen Pionierin des 20. Jahrhundert. Selbst während des Zweiten Weltkriegs blieb sie als Ärztin tätig, wurde dann allerdings von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet.
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Margarete Hilferding – Biographie
Margarete Hilferding, geborene Hönigsberg, wurde am 20. Juni 1871 im Wiener Hernals geboren. Ihre Eltern waren der Allgemeinmediziner, Kurarzt und Gemeinderat Paul Hönigsberg (1834 – 1921) und Emma Hönigsberg (1851 – 1927), die als Rechtsberaterin tätig war und sich in der Frauenbewegung engagierte. Sie wuchs zusammen mit einem älteren Bruder und zwei jüngeren Geschwistern auf.
Nach der Volkshochschule absolvierte sie ab 1889 eine Ausbildung in einer Lehrerinnenbildungsanstalt, die sie 1893 mit der Matura beendete. Danach nahm sie einen Job an einer privaten Wiener Volkshochschule als “Unterlehrerin” für die Dauer von zwei Jahren an. 1897 absolvierte sie erfolgreich die Lehrbefähigungsprüfung zur selbstständigen Lehrerin und ein Jahr später die Matura als Externistin. Im Anschluss studierte sie an der philosophischen Fakultät in Wien in der Hoffnung, dies nur zur Überbrückung bis zur Zulassung von Frauen zum Medizinstudium an der Universität Wien zu machen. 1900 war es so weit und Margarete Hilferding wechselte dorthin, wo sie 1903 als erste Frau ihr Doktorat erhielt.
Im Folgejahr 1904 vermählte sie sich mit dem Mediziner und Ökonom Rudolf Hilferding, mit dem sie zwei Söhne bekam. Aufgrund seiner beruflichen Versetzung zog die Familie nach Berlin um. 1908 kam sie allein mit ihren Kindern zurück nach Wien. 1922 erfolgte die Scheidung. Während ihrer gesamten Laufbahn in der Individualpsychologie galt der Arzt und Psychoanalytiker Paul Federn als ihr Mentor.
Beruflicher Werdegang
Die berufliche Laufbahn von Margarete Hilferding erstreckt sich über verschiedene Stationen. Von 1910 bis 1934 praktizierte sie als praktische Kassenärztin im 10. Arbeiterbezirk. 1918 wurde sie zur Leiterin der Wiener individualpsychologischen Erziehungsberatungsstelle ernannt. Ab 1922 war sie zudem als Schulärztin tätig, ab 1934 dann als Privatärztin. Während dieser Zeit wurde sie auch in die Wiener Psychoanalytische Vereinigung aufgenommen. Ihre Arzttätigkeit bestand auch während des Zweiten Weltkriegs im Heeresspital in Wien. Bis September 1941 war sie zudem im Rothschildspital einer jüdischen Gemeinde tätig.
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Margarete Hilferding – Schwerpunkte ihres Schaffens
Neben ihrer regulären Arztpraxis beschäftigte sich Margarete Hilferding als erste Individualpsychologin mit der Frauenpsyche, woraus ihr Engagement für die Geburtenkontrolle mittels Empfängnisverhütung resultierte. Dazu wurde ihr erstes Buch “Geburtenregelung” 1926 veröffentlicht. In diesem äußert sie sich bereits für eine Reformation und Lockerung der Abtreibungsgesetze, was sich zu einem Schwerpunkt ihrer medizinischen Karriere mit politischem Einfluss entwickelte.
Margarete Hilferding – Bedeutung für das Gesundheitswesen
Margarete Hilferding pflegte enge freundschaftliche Beziehungen zu anderen bedeutsamen Personen, zu denen unter anderem Alfred Adler zählte. Er war der Gründer der Individualpsychologie und ein langjähriger Wegbegleiter zusammen mit seiner Gattin und Frauenrechtlerin Raissa. Auch die Sozialwissenschaftlerin und Parteifunktionärin Käthe Leichter, sowie die Germanistin und Schulleiterin Eugenie Schwarzwald waren enge Freundinnen von Margarete Hilferding. Sie unterstützten ihre Vorhaben. Margarete Hilferding ist es zu verdanken, dass die Stellung der Frau in der Medizin wichtiger wurde.
Denn in der damaligen Zeit wurden die existenziellen Aufgaben der Frauen rein auf das Mutter- und Hausfrauen-Dasein beschränkt. Hilferding ist eine der Pioniere, der die spätere Durchsetzung der Frauenrechte zur körperlichen Selbstbestimmung zuteil wurde – notfalls auch im Rahmen eines Schwangerschaftsabbruchs.
Margarete Hilferding – Veröffentlichungen
Margarete Hilferding verfasste eigene Schriften und Artikel während ihrer beruflichen Laufbahn. Folgend ein Auszug der bedeutsamsten Veröffentlichungen, die teilweise erst nach ihrem Ableben erschienen:
- Wiener Geburtenregelung – Erörterungen zum § 144, Leipzig 1926
- Handbuch der Frauenarbeit in Österreich – Frauenarbeit und Frauengesundheit – Seite 391 ff. – Herausgeber: Wiener Kammer für Arbeiter und Angestellte, 1930
- Die Frau, Jg. 41 (1932) – Sterilisation : Ein Problem der Bevölkerungspolitik; Seiten 11 bis 12
- Frauenarbeit, Jg. 8 (1930), Nr 13, Fortpflanzungsschädigung der erwerbstätigen Frau und ihre Abhilfe, Seiten 542 bis 543
- Zeitschrift für Individualpsychologie, Ausgabe 13 des Jahres 1935, – Individualpsychologische Gedankengänge eines Kinderarztes, Seiten 206 bis 213
- Arbeiterzeitung, Jg. 44, Nr. 61, 3 – Die Frau als geistige Arbeiterin
- Die Protokolle der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung von Herman Nunberg und Ernst Federn, Band. III – Seite 113 ff., Frankfurt am Main, 1979
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Deportation und Ermordung durch die Nationalsozialisten
Bis 1941 praktizierte Margarete Hilferding im Rothschildspital einer jüdischen Gemeinde. Ihre Arbeit endete, als die Nazis sie zum Auszug aus ihrer Wohnung zwangen. Nach Umzug in ein Armenviertel und als letzte Station in Freiheit in ein jüdisches Altersheim, deportierten die Nazis Margarete Hilferding am 23. September 1942 in das Konzentrationslager Treblinka. Es ist nicht eindeutig geklärt, ob sie bereits auf dem Weg zwischen Theresienstadt und Treblinka oder kurz nach ihrer Ankunft im Vernichtungslager von den Nationalsozialisten ermordet wurde.
Einer ihrer Söhne wurde im polnischen Konzentrationslager Strelitz ermordet, während eine ihrer Schwestern in einem anderen Konzentrationslager ihr Leben verlor. Ihr Ex-Mann Rudolf Hilferding überlebte Folterungen während der Gestapohaft in Frankreich nicht.
Margarete Hilferding – Lob und Kritik
Wie so häufig zu dieser Zeit erfuhr Margarete Hilferding zu Lebzeiten kein nennenswertes Lob. Lediglich die Aufnahme als erste Frau in der sogenannten Berliner Mittwochsgesellschaft war eine inoffizielle Ehre ihrer medizinischen Fachkenntnisse. Sie wurde von Sigmund Freud gegründet und bestand aus einer privaten Medizinergruppe, die sich über wissenschaftliche Themen unterhielten.
Erst Jahrzehnte nach ihrem Ableben erhielt sie Anerkennung, in dem ihr Name für eine Wohnhausanlage und mehrere Straßen in Wien nach ihr bzw. ihren Familienmitgliedern benannt wurden. Kritik ist über ihre Dienste als Ärztin und ihr Engagement in der Individualpsychologie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist indes nicht bekannt.
Passende Jobs
Rund um das Medizinische Fachgebiet Therapie und Psychologie finden sich bei Medi-Karriere zahlreiche Jobs. Hier gibt es Jobs als Psychotherapeut, Jobs als Gesundheitspsychologe und Jobs als Klinischer Psychologe.
- Margarethe Hilferding: Aufbruch aus Rollenbildern, https://www.aerzteblatt.de/... (Abrufdatum: 29.10.2024)
- Hilferding-Hönigsberg, Margarethe: Zur Behandlung der Schwangerschaftsbeschwerden, https://ub.meduniwien.ac.at/... (Abrufdatum: 29.10.2024)
- Hilferding-Hönigsberg, Margarete, https://fraueninbewegung.onb.ac.at/... (Abrufdatum: 29.10.2024)
- Margarete Hilferding, https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/... (Abrufdatum: 29.10.2024)