Inhaltsverzeichnis
Die Geriatrische Medizin begegnet Patienten auf der körperlichen, geistigen und sozialen Ebene. Ziel ist es, der Beeinträchtigung durch Krankheit und Alter weitestgehend entgegenzuwirken und den Autonomiegrad der Patienten aufrecht zu erhalten. Im Fokus steht dabei immer die Erhaltung und Steigerung der Lebensqualität.
Inhaltsverzeichnis
Geriatrie – Definition
Als Geriatrie, oder auch Altersheilkunde bzw. Altersmedizin, bezeichnet man die Lehre von Krankheiten, die sich meist im fortgeschrittenen Lebensalter manifestieren. Nach Definition der European Union Geriatric Medicine Society ist die Geriatrische Medizin eine „medizinische Spezialdisziplin, die sich mit den körperlichen, mentalen, funktionellen und sozialen Bedingungen der akuten, chronischen, rehabilitativen, präventiven Behandlung und Pflege – auch am Lebensende – befasst“.
Die Geriatrie verfolgt demnach das Ziel, die Lebensqualität und die Autonomie der Patienten unter Berücksichtigung der altersbedingten speziellen Ausprägungsformen von Erkrankungen, individueller Multimorbidität sowie sozialen und funktionalen Versorgungsaspekten zu fördern und zu verbessern.
Geriatrie – Wer wird behandelt?
Eine Behandlung wird typischerweise als geriatrische Behandlung eingeordnet, wenn die Patienten über 65 Jahre alt sind. Mit steigendem Lebensalter nehmen auch die körperlichen und geistigen Gesundheitsprobleme zu, die eine geriatrische Behandlung notwendig machen.
Der Großteil geriatrischer Patienten ist jedoch 80 Jahre alt oder älter.
Ausbildungsplätze als
Geriatrie – Krankheiten im Alter
Faktoren wie degenerativer Verschleiß von Knochen und Gelenken, die Abnahme der Zellmasse und durchschnittlich weniger Bewegung führen mit fortschreitendem Lebensalter zu Veränderungen der physiologischen Funktionen des Körpers. Summieren sich bestimmte Risikofaktoren kann dies zu Krankheiten führen.
Im Folgenden werden einige Erkrankungen angeführt, die in der geriatrischen Medizin häufig auftreten.
Die sechs geriatrischen Is
Die Komplexität und Vielzahl der Erkrankungen geriatrischer Patient birgt das Risiko, Symptome zu übersehen. Die „sechs geriatrischen Is“ fassen die Einschränkungen geriatrischer Patienten zusammen und dienen somit als Gedächtnisstütze für geriatrische Mediziner.
Zu den sechs geriatrischen Is zählen:
- Immobilität: Ältere Menschen sind aufgrund von Verschleiß in den Gelenken oder Muskelschwäche häufig weniger mobil. Sie bewegen sich weniger, wodurch Folgeerkrankungen, wie bspw. Muskelschwund gefördert werden.
- Inkontinenz: Dieser Aspekt ist vor allem für die häusliche Pflege bzw. den Pflegedienst wichtig. Entsprechend muss eine Pflegeverordnung angepasst werden.
- Instabilität: Instabilität führt zu einem erhöhten Sturzrisiko und damit einer zunehmenden Anzahl von ernstzunehmenden Sturzverletzungen.
- Intellektueller Abbau: Degenerative Veränderungen im Gehirn können zu einer Abnahme des Intellekts führen. Für Betroffene stellt dies eine hohe emotionale Belastung dar.
- Insomnie (Schlafstörungen): Mit steigendem Lebensalter nimmt die Schlafqualität häufig ab. Die nächtliche Ruhephase wird gestört und Patienten erleben Unruhe und Müdigkeit.
- Iatrogene Probleme im Alter: Medizinische Behandlungen wie bspw. die Einnahme vieler Arzneimittel, die sogenannte Polymedikation, kann auch zu unerwünschten Effekten und Nebenwirkungen mit weiteren Begleitsymptomen führen.
- In einigen Quellen werden auch Isolation, Immundefekt und Impotenz zu den geriatrischen Is gezählt.
Die sechs Is treten häufig parallel auf und schränken den Patient körperlich sowie mental stark ein.
In der geriatrischen Behandlung und Pflege müssen die geriatrischen Is stets zur Beurteilung des Patienten, sowie zur Therapieentscheidung herangezogen werden.
Durchblutungsstörungen
Die Qualität der Gefäße nimmt im Alter ab, wodurch es zu Verhärtungen und Verdickungen der Gefäßwände kommen kann. Diese degenerativen Veränderungen können zur arteriellen Verschlusskrankheit und damit zu einer verminderten Blut- und Sauerstoffversorgung betroffener Körperstellen führen. Unbehandelt kann dies im weiteren Verlauf bis zu einer Ruptur der Verhärtungen und dadurch zu einem Herzinfarkt führen. Risikofaktoren wie bspw. Bluthochdruck oder ein hoher Cholesteringehalt im Blut können sich zusätzlich beschleunigend auf die Krankheitsentwicklung auswirken.
Alzheimer und Demenz
Demenz ist eine alterstypische neurologische Erkrankung, die den Patienten durch eine Veränderung des Gehirns in seinen kognitiven und sozialen Fähigkeiten einschränkt.
Morbus Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz, bei der Nervenzellen im Gehirn absterben. Symptome des Alzheimers sind Gedächtnislücken, Konzentrationsschwierigkeiten oder Probleme bei der zeitlichen und räumlichen Orientierung. Zu Anfang können Betroffene ihren Alltag durch Erinnerungsnotizen häufig selbstständig bewältigen. Mit fortschreitendem Krankheitsprozess ist die Hilfe durch Verwandte oder einen Pflegedienst jedoch meist unumgänglich.
Arthrose
Als Arthrose wird eine degenerative Veränderung des Gelenkknorpels bezeichnet. Jahrelange, intensive Belastung führt zu einer Auflösung der schützenden Knorpelschicht zwischen den artikulierenden Gelenkflächen. Die Folge ist die schmerzhafte Reibung der Knochen, die sogenannte Krepitation. Behandlungsansätze sind eine bewusste Ernährung, regelmäßige Bewegung des betroffenen Gelenks oder der operative Gelenkersatz.
Stellenangebote
Diabetes mellitus
Während Diabetes mellitus Typ 1 hauptsächlich im Jugendalter auftritt, steigt die Häufigkeit von Diabetes Typ 2 mit dem Alter. Aufgrund zu hoher Glucosekonzentration im Blut und der damit einhergehenden erhöhten Insulinproduktion entwickeln Betroffene beim Diabetes eine Insulinresistenz. Körpereigene Zellen können Insulin so schlechter aufnehmen und verarbeiten, wodurch der Blutzuckerspiegel steigt.
Im Fokus der geriatrischen Diabetes-Therapie steht die Vermeidung der Überzuckerung, einer sogenannten Hyperglykämie. Vor dem Hintergrund der häufigen Multimorbidität in der Geriatrie sind vor allem die inneren Organe wie bspw. die Niere streng zu beobachten. Entsprechend muss die medikamentöse und interdisziplinäre Behandlung individuell abgestimmt werden.
Osteoporose
Die Osteoporose ist die Folge des Knochenabbaus im Alter. Die Ursache liegt vor allem in der Veränderung des Hormonhaushalts. Betroffen sind in der Regel Frauen in und nach den Wechseljahren. Durch den sinkenden Östrogenspiegel wird Knochen vermehrt abgebaut, wodurch der Knochen poröser und anfälliger für Brüche wird. Präventiv wird Patienten zu ausreichender Bewegung und ggf. zur Einnahme von Vitamin D geraten.
Multimorbidität
Die besondere Herausforderung in der geriatrischen Behandlung von Patienten besteht darin, akute und chronische Mehrfacherkrankungen zu erkennen und in der Therapie zu berücksichtigen. Da die Lebenserwartung allgemein steigt, steigt auch die Wahrscheinlichkeit für Multimorbiditäten. Diese Erkrankungen weisen zwar häufig ähnliche Symptome auf, können sich aber je nach betroffenem Organsystem variieren und in Schwere und Auswirkung unterscheiden. Geriatrische Mediziner müssen Zusammenhänge erkennen und mögliche Begleit- und Folgeerkrankungen abklären.
Geriatrische Behandlungsmethoden
Die besondere Herausforderung der geriatrischen Medizin liegt darin, Behandlung- und Therapieentscheidungen zu treffen und diese speziell auf die Bedürfnisse älterer Menschen anzupassen. Für den langfristigen Behandlungserfolg spielen in diesem Zusammenhang neben der klassischen Symptomtherapie vor allem die Prävention, die kognitive Stimulation, die soziale Unterstützung, das Medikamentenmanagement, sowie die multidisziplinäre Zusammenarbeit eine wichtige Rolle.
Geriatrie – Aufgaben und Tätigkeiten
Medizinisches Fachpersonal muss für die Behandlung geriatrischer Patienten speziell ausgebildet werden. Ärzte haben die Möglichkeit, eine Ausbildung zum Facharzt der Geriatrie zu absolvieren. Ärzte lernen hier insbesondere einen ganzheitlichen Blick auf den Patienten, der sich häufig mit mehreren Erkrankungen vorstellt. Geriatrische Ärzte müssen verschiedene Aspekte wie bspw. körperliche und geistige Defizite, mentale Probleme oder das soziale Umfeld in die Anamnese mit einbeziehen.
Die Untersuchung und Diagnosestellung erfolgt in einem interdisziplinären Team aus Fachärzten. Je nach Symptomen des Patienten arbeitet der geriatrische Mediziner mit Fachärzten anderer Fachbereiche zusammen. Für die Behandlungs- und Therapieentscheidung muss neben den Ergebnissen der Untersuchungen auch der individuelle Autonomiegrad und mögliche Hilfe aus der Familie und von der Pflegekasse berücksichtigt werden. Oft gewählte Behandlungsmethoden in der Geriatrie sind die Krankengymnastik, die Ergotherapie, Sprach- und Schlucktherapie sowie soziale Maßnahmen.
Auch Pflegekräften kommt in der Geriatrie eine besondere Verantwortung zu. Neben der Begleitung beim Genesungsprozess wird vor allem die Mobilität gefördert und Patienten dabei unterstützt, ihre Selbständigkeit wie sie vor dem Krankenhausaufenthalt gegeben war, wiederherzustellen. Für die ideale Versorgung meist hochbetagter Patienten müssen Pflegekräfte außerdem besonders viel Einfühlungsvermögen, physische und psychische Belastbarkeit, Geduld, Respekt und natürlich Fachwissen mitbringen.
Im Rahmen einer berufsbegleitenden Weiterbildung kann sich ein Gesundheits- und Krankenpfleger zur Pflegekraft für Akutgeriatrie und Remobilisation weiterbilden lassen. In Österreich bietet dies bspw. die ÖGKV an.
Ziel der Weiterbildung ist es, das Fachwissen und die Sozialkompetenz der Pflegekräfte gezielt zu schulen und sie zu unterstützen, dies in der geriatrischen Pflege anzuwenden.
Geriatrie – Ausblick
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels steht die Medizin zukünftig vor der Herausforderung, immer ältere Menschen zu behandeln. Die Medizin muss sich folglich auf die Krankheiten älterer Menschen einstellen und dabei berücksichtigen, dass immer weniger jüngere Menschen zur familiären und professionellen Pflege zur Verfügung stehen werden. Auch das Fachwissen geriatrischer Mediziner gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Medizinische Fachdisziplinen müssen in die zunehmende Komplexität der Multimorbidität des alternden Menschen eingeordnet werden. Gleichzeitig werden auch innovative medizinische Technologien genutzt, um degenerative Erkrankungen besser diagnostizieren und therapieren zu können. Vor allem technisch unterstützte häusliche Pflege, wie bspw. Heberoboter werden zukünftig eine immer größere Rolle im Krankheitsverlauf des alternden Menschen spielen.
Stellenangebote für Pflegekräfte
Wer aktuell noch auf der Suche nach einer Stelle in der Pflege ist, findet bei Medi-Karriere eine große Auswahl an Angeboten. Hier gibt es zahlreiche Stellen als Gesundheits- und Krankenpfleger, Jobs für Altenpfleger sowie allgemein Stellenangebote in der Pflege.
Häufige Fragen
- Was ist Geriatrie?
- Was ist der Unterschied zwischen Gerontologie, Geriatrie und Gerontopsychiatrie?
- Was ist eine geriatrische Abteilung im Krankenhaus?
- Was wird in der Geriatrie gemacht?
Geriatrie ist eine medizinische Fachrichtung, die sich mit den akuten und chronischen Erkrankungen älterer Menschen (ab ca. 65 Jahren) beschäftigt. Ein Großteil der Patienten lebt neben der Diagnose der Krankenhauseinweisung mit einer Vielzahl an Erkrankungen, die für die Behandlungsentscheidung stets aufgenommen und berücksichtigt werden müssen. Das Ziel der geriatrischen Behandlung ist die Autonomie und Selbstständigkeit aufrecht zu erhalten und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern.
Die Gerontologie ist die Wissenschaft, die sich mit dem Alterungsprozess Körper beschäftigt. Gerontologen erforschen die biologischen und genetischen Grundlagen des menschlichen Alterungsprozesses. Die Gerontologie bildet die Grundlage für die Geriatrie, die sich mit den Krankheiten des alternden Menschen beschäftigt. Die Gerontopsychiatrie beschäftigt sich vor allem mit psychischen Erkrankungen, die erst in späteren Lebensphasen auftreten, wie bspw. Bipolare Störungen oder Depressionen. Die Gerontopsychiatrie versteht sich als Teilbereich der Geriatrie.
Die geriatrische Abteilung ist die Abteilung innerhalb des Krankenhauses, in der Ärzte und Pflegekräfte arbeiten, die sich auf die geriatrische Medizin spezialisiert haben. Die geriatrische Abteilung konzentriert sich häufig auf die funktionsorientierte Rehabilitation. Patienten werden behandelt und in ihrer Selbstständigkeit gefördert. Der große Vorteil der geriatrischen Abteilung im Krankenhaus ist die unmittelbare Nähe zu anderen medizinischen Fachbereichen, die die interdisziplinäre Zusammenarbeit aufgrund des hohen Anteils an mehrfacherkrankten Patient erleichtert.
Wird ein Patient bspw. Aufgrund eines Oberschenkelhalsfraktur orthopädisch behandelt, sollte der Grund für den Bruch und die Wiederholung des Vorfalls durch Stärkung der Muskeln und Knochen bspw. im Rahmen einer Physiotherapie vermieden werden. Ist der Sturz jedoch Folge anderer Faktoren wie bspw. einer Ohnmacht durch ein Ungleichgewicht des Blutzuckerspiegels, muss der Patient zusätzlich durch Fachärzte der Inneren Medizin betreut werden.
Im medizinischen Fachbereich der Geriatrie beschäftigen sich Mediziner mit der Versorgung von akuten und chronischen Krankheiten sowie der Rehabilitation und Prävention von Erkrankungen, die im Alter auftreten. In der Geriatrie wird der Patient ganzheitlich, also sowohl auf der körperlichen, als auch auf der sozialen und geistigen Ebene, betrachtet, diagnostiziert und behandelt. In der Geriatrie wird genau beobachtet, welche Auswirkungen die körperlichen und mentalen Einschränkungen und Funktionsstörungen auf das psychosoziale Umfeld und mögliche Begleiterkrankungen des Patient haben.
Im Sinne eines therapeutisch-rehabilitativen Gesamtkonzeptes wird der Fokus in der geriatrischen Behandlung dann vor allem auf die Prävention weiterer Krankheitsvorfälle und die Wiederherstellung bzw. Aufrechterhaltung von Mobilität und Selbstständigkeit gelegt.
- European Union Geriatric Medicine Society: „Geriatrische Medizin“. Formuliert am 3. Mai 2008 in Malta formuliert und festgeschrieben am 6. September 2008 in Kopenhagen.