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Carl Djerassi ist einer der weltweit bekanntesten Chemiker, der als Miterfinder der Antibabypille nicht nur Ruhm und Ehre erlangte, sondern auch einen Meilenstein in der Selbstbestimmung der Frauen legte. Er galt als eher zurückhaltend und machte um seine wissenschaftlichen Arbeiten kein großes Aufsehen. Wenngleich er überwiegend im Ausland tätig war, so hat er nie die Verbindung zu seiner Heimatstadt Wien verloren, in der er aufwuchs. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit der Biographie dieses Pioniers des österreichischen Gesundheitswesens.
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Carl Djerassi – Biographie
Der Chemiker und Schriftsteller Carl Djerassi wurde am 29. Oktober 1923 in Wien als Sohn des Ärzteehepaares Samuel und Alice Djerassi, geborene Friedmann, geboren. Sein Vater stammte aus Bulgarien, seine Mutter war Österreicherin. Beide waren jüdischen Glaubens. Djerassi war Einzelkind, wuchs mit seinen Eltern die ersten fünf Lebensjahre in Bulgarien auf und wanderte mit seiner Mutter nach der Trennung vom Vater nach Österreich aus. 1938 zogen sie aufgrund der erneuten Eheschließung der Eltern zurück nach Bulgarien. 1939 entschied sich die Familie aufgrund des Vorschreitens der Nationalsozialisten erst nach London und später in die USA zu ziehen.
Djerassi war insgesamt dreimal verheiratet und hatte zwei Kinder. 2007 wurde er Witwer. Carl Djerassi verstarb am 30. Januar 2015 im Alter von 91 Jahren an Knochen- und Leberkrebs in San Francisco, wo er auch beerdigt wurde. Er hinterließ seinen Sohn Dale Djerassi, sowie eine Stieftochter und einen Enkelsohn. Seine Tochter Pamela Djerassi nahm sich am 5. Juli 1978 im Alter von 28 Jahren das Leben.
Schulische Ausbildung
Carl Djerassi besuchte in Wien das heutige Sperlgymnasium in der Wiener Sperlgasse, wo er kurz vor seiner Rückwanderung nach Bulgarien die Matura absolvierte. Auf Anfrage seines Vaters erhielt er von der US-amerikanischen First Lady als Ehefrau des damals amtierenden US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt ein College-Stipedium, wodurch er in Missouri Chemie studieren konnte. 1942 absolvierte er den Bachelor of Art in Chemie am Kenyon College im Bundesstaat Ohio. 1945 erhielt er seine Promotion an der Wisconsin-Universität.
Beruflicher Werdegang
Noch bevor Carl Djerassi promovierte, trat er 1942 eine Stelle im amerikanischen Unternehmen CIBA Pharmaceutical Co. in New Jersey als Research-Chemiker an. Es folgte eine Stellung als Chemieprofessor an der Detroiter Wayne State Universität. Ab 1959 unterrichtete er an der kalifornischen Stanford Universität bis zu seinem Pensionseintritt 2002.
Zwischendurch beschäftigte ihn das pharmazeutische Unternehmen Laboratorios Syntex mit Sitz in Mexico City. Hier schaffte es Djerassi bis zum Präsidenten der Research-Abteilung von 1968 bis 1972. Zudem gründete er ein eigenes Unternehmen, das neuste Methoden zur Schädlingsbekämpfung ohne insektizide Bestandteile entwickelte.
Carl Djerassi – Schwerpunkte seines Schaffens
Der aus heutiger Sicht wichtigste Schwerpunkt seines Schaffens war seine Forschung an der weltweit ersten Synthese einer steroidalen oralen Schwangerschaftsverhütung, heute bekannt als die Anti-Baby-Pille. In Kooperation mit seinen Arbeitskollegen Luis Miramontes und Jorge Rosenkranz entwickelte er 1950 eine Technik zur künstlichen Herstellung des Sexualhormons Norethisteron, besser bekannt als Gelbkörperhormon. Dieses ist maßgeblich daran beteiligt, ob eine Einnistung befruchteter Eizellen möglich ist. Zusammen mit Gregory Pincus und John Rock erschufen sie 1951 die erste Anti-Baby-Pille. Carl Djerassi gab sich fortan den Beinamen “Mutter der Pille”.
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Carl Djerassi – Bedeutung für das Gesundheitswesen
Die Erfindung der Anti-Baby-Pille ermöglicht bis heute Millionen von Frauen die Selbstbestimmung über ihren Körper und ihre Familienplanung. Durch das Kontrazeptivum verfügen sie über eine Unabhängigkeit, da sie nicht bei jedem Geschlechtsverkehr eine Schwangerschaft befürchten müssen. Mit der Pille entwickelte Carl Djerassi eine Möglichkeit der kontinuierlichen Schwangerschaftsverhütung, die heute mit einem Pearl-Index zwischen 0,1 und 0,9 Prozent zu den sichersten aller Kontrazeptiva gilt.
Carl Djerassi – Veröffentlichungen
Es gibt circa 1.200 Veröffentlichungen, von denen die meisten aus Autobiografien und literarischen Werken bestehen. Veröffentlichungen, in denen Djerassi explizit seine wissenschaftlichen Untersuchungen und Ergebnisse dokumentierte, gibt es leider nicht. Er selbst erwähnte 1980 in einem Interview, dass er die Veröffentlichungen wissenschaftlicher Fakten den Wissenschaftsjournalisten überlassen wolle.
Carl Djerassi – Lob und Kritik
Trotz seiner revolutionären Arbeit erntete Carl Djerassi reichlich Kritik in den 1960er Jahren. Während die Einen den Eingriff in das “schönste Wunder der Welt” (die Fortpflanzung) negativ betrachteten, sahen die Anderen eine Art Diskriminierung der Frau hinter der Pille. Die Feministin Margaret Mead behauptete beispielsweise, es sei kein Zufall, dass die Hormonpille nicht für den Mann entwickelt worden sei.
Djerassi nahm die Kritiken ernst, erfand aber im Gegenzug keine Pille für den Mann. Begründet hat er dies mit der immer höher werdende Lebenserwartung und damit zusammenhängenden medizinischen Problemen älterer Generationen, die seiner Ansicht nach von der medizinischen Forschung vorrangig behandelt werden müssen. Laut ihm bestehe keine dringende Erforderlichkeit, in die Pille für den Mann als Alternative für die frauliche Schwangerschaftsverhütung zu investieren.
Im Gegenzug erhielt Carl Djerassi von medizinischer Seite reichlich Lob, das hauptsächlich durch Auszeichnungen und Ehrungen zum Ausdruck gebracht wurde:
- 1961: Mitgliedsaufnahme an der National Academy of Sciences
- 1968: Mitgliedsaufnahme an der American Academy of Arts and Sciences und an der Leopoldina-Universität
- 1973: National Medal of Science des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika
- 2002: Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold
- 2003: Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland
- 2003: Erasmus-Medaille der europäischen Union
- 2004: Goldmedaille des American Institute of Chemists
- 2005: Lichtenberg-Medaille der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
- 2011 – 2014: Ehrendoktorat an den Universitäten Heidelberg, Wien, Frankfurt am Main und Mainz
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Carl Djerassi – Wirken als Schriftsteller und Kunstmäzen
Abseits seines akademischen Forschens war Carl Djerassi ein leidenschaftlicher Kunstsammler. Rund 150 Kunstwerke von Paul Klee konnte er sein Eigen nennen. Die Sammlung gilt bis heute als die größte Privatsammlung des Künstlers, deren Stücke aktuell im Museum für moderne Kunst (Museum of Modern Art) in San Francisco, sowie im Wiener Albertina-Museum zu finden sind. Sein Engagement für die Kunst ließ ihn die Djerassi-Stiftung, sowie das Djerassi Residenten-Künstler-Programm zur Förderung talentierter Nachwuchskünstler aus verschiedenen Sparten mitgründen.
Als Autor begann Carl Djerassi Ende der 1950er Jahre. Einst mit Sachbüchern und Autobiografien gestartet, erweiterte er seine Schriftwerke um Fiction, Science-in-Fiction, Theaterstücke und Lyrik-Anthologien, meist in Form von Kurzgeschichten.
Bekannte Werke des Schriftstellers Djerassi
Zu den bekanntesten Werken von Carl Djerassis Schriftstellerkarriere zählen diese:
- The Politics of Contraception. W. H. Freeman & Company, 1981
- Steroids made it possible, 1990
- The Pill, Pygmy Chimps and Degas’ Horse, 1992
- From the lab into the world: A pill for people, pets and bugs, 1994
- Die Buchsammlung Cantors Dilemma, 1989, The Bourbaki Gambit, 1994, Menachems Seed, 1996 und NO, 1998
Passende Jobs
Passende Jobs in der Pharmazie finden sich bei Medi-Karriere. Hier gibt es Jobs als Pharmazeut, Jobs als Pharmareferent und Stellen als Facharzt.
- Carl Djerassi, Pro. Dr. Dr. h.c. mult., https://geschichte.univie.ac.at/... (Abrufdatum: 16.02.2024)
- George Rosenkranz, https://sciencehistory.org/... (Abrufdatum: 16.02.2024)
- Der Mann, der keine Mutter sein will, https://www.spiegel.de/... (Abrufdatum: 16.02.2024)
- Carl Djerassi, https://www.chemie.de/... (Abrufdatum: 16.02.2024)
- Der Autor Carl Djerassi, https://www.haymonverlag.at/... (Abrufdatum: 16.02.2024)
- Carl Djerassi, Professor Emeritus der Stanford University, https://muvs.org/... (Abrufdatum: 16.02.2024)