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Anna Freud, Tochter von Sigmund Freud, war eine Pionierin der Kinderanalyse, weil sie sich auf unbekanntes Terrain begeben und unzähligen Kindern, sowie Familien, geholfen hat. Sie widmete ihr Leben dem Kindeswohl. Bis zu ihrem Lebensende hat sie Kinderseelen studiert und begleitet. Ihr Schaffen öffnete den Weg zu erfolgversprechenden Therapien für psychisch kranke Kinder und Jugendliche. Der folgende Beitrag portraitiert diese bedeutende österreichische Persönlichkeit und ihr Schaffen.
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Anna Freud – Biografie
Anna Freud wurde am 3. Dezember 1895 in Wien als Tochter des weltbekannten Gründers der Psychoanalyse und einflussreichsten Denkers des 20. Jahrhunderts, Sigmund Freud, und seiner Ehefrau Martha geboren. Sie war das jüngste von insgesamt sechs Kindern des Ehepaares. Nach der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich und einem Verhör von Anna Freud durch die Gestapo, wanderte die Familie wenige Wochen später am 4. Juni 1938 nach London aus. Anna Freud verstarb im Alter von 86 Jahren am 9. Oktober 1982. Ihre Grabstätte befindet sich im Golders Green Crematorium in London, Borough of Barnet.
Schulischer Werdegang
Eingeschult 1901, unterbrach Anna Freud 1910 die Schule aufgrund gesundheitlicher Probleme. Sie begab sich daraufhin bei Ludwig Jerkels, einem Freund und Kollegen ihres Vaters, in Behandlung. Entgegen den Rat Jerkels kehrte sie 1911 nach Wien zurück, holte versäumte Prüfungen nach und erlangte im Juli 1912 die Matura mit Auszeichnung.
Beruflicher Werdegang
Beruflich startete Anna Freud als Hilfslehrerin an ihrer alten Privatschule. Parallel dazu übersetzte sie erstmals psychoanalytische Arbeiten aus dem Englischen. Bis 1917 besuchte sie Vorlesungen ihres Vaters Sigmund Freud an einer Wiener Universität. Ihr Vater wurde zu ihrem späteren Mentor. Zwischen 1917 und 1920 arbeitete sie als Klassenlehrerin am Wiener Billroth Gymnasium und entwickelte vermehrt ein reges Interesse für die Psychoanalyse. Sie assistierte ihrem Vater und war als seine Sekretärin tätig. Außerdem brachte sie sich in die Pflege krebskranker Patienten ein und übernahm Sigmund Freuds Vertretung auf Ärztekongressen.
Sie lernte die russisch-deutsche Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salomé kennen und schätzen, die als enge Vertraute von Nietzsche (Philologe und Philosoph) und Rilke (österreichischer Lyriker) galt. Nachdem sie im weiteren Verlauf ihres Berufslebens die berufliche Laufbahn als Psychoanalytikerin einschlug, startete sie 1923 mit einer eigenen Praxis in die Selbstständigkeit. Diese befand sich in der Berggasse 19 in Wien – direkt neben den Räumlichkeiten ihres Vaters.
Lebenspartner
Anna Freud lernte die amerikanische Kinderpsychoanalytikerin und Pädagogin Dorothy Tiffany Burlingham über ihren Vater kennen. Die beiden pflegten eine enge kinderpsychologische Zusammenarbeit. Als Burlingham 1925 mit ihrem asthma- und psychisch kranken Sohn psychologische und auch freundschaftliche Unterstützung von Anna Freud bekam, holte sie ihre drei weiteren Kinder nach und siedelte sich in einer Wohnung im Haus der Familie Freud an.
Unklar ist bis heute, ob Anna und Dorothy eine homosexuelle Beziehung pflegten. 1931 kauften sie ein Wochenendhaus im südlichen Wienerwald und bauten es zu einem Heim für Kriegskinder und Kriegswaisen um, das 1937 eröffnete. Burlingham floh 1938 zusammen mit der Familie Freud nach London, wo sie später in das Familienanwesen der Freuds einzog bis zu ihrem Tod am 19. November 1979 mit Anna zusammenlebte. Übrigens: Anna Freud hat nie geheiratet und keine Kinder bekommen.
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Anna Freud – Schwerpunkte ihres Schaffens
Anna Freud beschäftigte sich schon früh mit der Kinderpsychologie und analysierte vor allem Kriegskinder, die sowohl durch die Kriegsgeschehnisse und -erfahrungen, als auch durch die damals meist strenge Zwangserziehung der Eltern Trauma erlitten hatten. Das veranlasste sie, tiefer in die Kinderseelen hineinzublicken, um so psychologisch auf die weitere Entwicklung betroffener Kinder einwirken zu können. Die Entwicklungspsychologie war damit begründet und fortan der Kern ihres weiteren Forschens.
Ein zentraler Schaffenspunkt lag in der Ich-Psychologie und den Abwehrmechanismen. Durch ihre Erfahrung erkannte Freud, dass eine erfolgreiche Behandlung nur dann möglich ist, wenn Therapeuten einen seelischen Zugang zum betroffenen Kind erhalten. Für dieses Ziel ist die Sympathie des Kindes zum Therapeuten unabdingbar. Sie erforschte Reaktionen, die auf Zwang und auf das Unwohlgefühl von Kindern beruhten. Verdrängung von Geschehnissen und Schmerz, Gewalt gegen sich selbst, Verleugnung, Gegenwehr und Isolierung sind nur einige Beispiele, auf die Anna Freud ihr Schwerpunktinteresse in der Kinderpsychoanalyse setzte.
Anna Freud – Bedeutung für das Gesundheitswesen
Anna Freud hat die Tiefenpsychologie ins Visier genommen und damit unzähligen Kindern und Jugendlichen psychologisch geholfen. Durch die Entwicklung tiefenpsychologischer Fragebögen für Kinder und Eltern hat sich die heutige Diagnostik erweitert. Sie ist als Hampstead-Methode bekannt und erlaubt, über die Psyche von Kindern deutlich mehr erfahren zu können, als einst nur mit verbaler Methodik und Blick auf optische Verhaltensauffälligkeiten möglich war.
Schlussendlich beschäftigte sich Anna Freud mit dem Rechtswesen in Bezug auf Unterbringungskonflikte sowie Sorgerechte von Eltern. Das Kindeswohl war dabei stets ein wesentlicher Bestandteil ihrer Bewertung. Daraus ergaben sich die ersten Richtlinien für die Gewährleistung des Kindeswohls. Zusammen mit dem US-amerikanischen Jurist Joseph Goldstein (1923 bis 2000) und dem Kinderpsychiater Albert Solnit (1919 bis 2002) erarbeitete Freud hier die ersten Arbeiten, die sich für das Kindeswohl einsetzten. Genau hier setzt die heutige Kinder- und Familienpsychologie an, bei der das Wohl des Kindes im zentralen Fokus steht.
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Anna Freud – Veröffentlichungen
Anna Freud schrieb zahlreiche Erkenntnisse, Forschungsergebnisse und Beobachtungen nieder. Zu ihren bekanntesten Veröffentlichungen zählen:
- Einführung in die Technik der Kinderanalyse, Wien, 1927
- Einführung in die Psychoanalyse für Pädagogen, Stuttgart und Leipzig, 1930
- Das Ich und die Abwehrmechanismen, Wien, 1936
- Normality and pathology in childhood, London, 1965
- Kranke Kinder, Frankfurt am Main, 1972
- Kriegskinder – Berichte aus den Kriegskinderheimen “Hampstead Nurseries” von 1941 bis 1942, London, 1987
- Anstaltskinder – Berichte aus den Kriegskinderheimen “Hampstead Nurseries” 1943 bis 1945, London, 1988
Anna Freud – Lob und Kritik
Die einzige Kritik für ihr Engagement in der Kinderpsychologie und insbesondere bei Kriegskindern, erhielt Anna Freud von Seiten des Dritten Reichs und der Gestapo. Sie entzogen ihr die Leitung der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung und ihr Kinderheim im ersten Wiener Bezirk wurde geschlossen.
Lob erntete Anna Freud nicht nur von ihrem Vater Sigmund Freud und zahlreichen Wegbegleitern, sondern auch in Form von Auszeichnungen:
- 1959: Mitglied der American Academy of Arts and Sciences
- 1964: Kultureller Ehrenpreis in München
- 1967: Order of the British Empire (CBE)
- 1975: Großes Goldenes Ehrenzeichen für ihre Verdienste für Österreich
Passende Jobs
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- Die Bedeutung der prämorbiden Persönlichkeit für den seelischen Gesundheitsschutz, https://link.springer.com/... (Abrufdatum: 17.01.2024)
- Hampstead-Methode https://pep-web.org/... (Abrufdatum: 17.01.2024)
- Anna Freud, https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/... (Abrufdatum: 17.01.2024)
- Anna Freud Biografie, https://www.deutsche-biographie.de/... (Abrufdatum: 17.01.2024)
- Anna Freud, https://geschichte.univie.ac.at/... (Abrufdatum: 17.01.2024)
- Dorothy Tiffany Burlingham, https://www.anna-freud-osz.de/... (Abrufdatum: 17.01.2024)
- Tiefenpsychologisches Verständnis für das Kind, https://www.aerzteblatt.de/... (Abrufdatum: 17.01.2024)